Cléo de Mérode

von Anja Weinberger

Cléopatre-Diane de Mérode (1875-1966), wie sie mit vollem Namen hieß, war eine französische Ballerina und Varietétänzerin.

Geboren wurde sie 1875 und war bald eine der vielen Schönen im Paris der Jahrhundertwende. Über ihre belgisch-österreichische Mutter war Cléo adeliger Herkunft, über den Vater griechisch-deutsch-französischer Abstammung; das Elternpaar lebte jedoch nicht in einem gemeinsamen Haushalt.

Mit sieben Jahren begann Cléo mit der Ballettausbildung an der Opéra in Paris und bekam dort sehr früh, schon mit elf Jahren, einen Vertrag.

Mit 13 erregte sie bereits als Tänzerin Aufsehen, avancierte rasch zur Primaballerina und bald lag ihr ganz Paris zu Füßen. Nicht nur wegen ihres tänzerischen Talents wurde sie bewundert, sondern auch wegen ihrer außergewöhnlichen Schönheit und ihrer ungewöhnlichen Ausstrahlung.

Degas malte sie, Falguière fertigte eine Skulptur von ihr an; besonders bekannt wurden jedoch die  Fotografien, die zuerst Nadar und später dann Reutlinger von ihr machten.

Ihr offenes, mit einem Band über die Stirne gehaltenes Haar wird zu ihrem Markenzeichen und sie gewinnt mit großem Abstand den von der Zeitschrift »L’Éclair« veranstalteten Schön-heitswettbewerb. Nicht nur ihre Frisur, sondern auch ihre Kleidung wurde von modebewussten Pariserinnen imitiert.

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Schließlich konnte sie nicht mehr widerstehen und nahm eines der äußerst lukrativen Angebote an, die ihr zuhauf gemacht wurden: sie begann im Varieté aufzutreten. Im »Theatre Indochinois« präsentierte sie zur Weltausstellung 1900 ihren bald allseits berühmten Tanz La Cambodgienne, war Star der »Folies Bergère« und stand bei ihren Gastspielreisen durch ganz Europa Kaulbach und Lenbach Modell. Eine Reise führte gar bis New York, wo ihr das Publikum, männlich und weiblich, zu Füßen lag. Sie erhielt unglaublich hohe Gagen für ihre Auftritte und ihr Gesicht zierte Zigarettenpackungen, Spielkarten, Schokolade und Parfüm. Als erste Werbeikone schlechthin war sie die Muse vieler Marken. Eindeutig: zu ihrer Zeit war sie die am häufigsten abgebildete Frau der Welt.

Eine Liebschaft mit dem belgischen König Leopold II. wurde ihr nachgesagt, die sie jedoch bis zu ihrem Tod leidenschaftlich abstritt. (Eine sehr charmante Randgeschichte: Leopold II. war tatsächlich ein großer Verehrer Cléo de Mérodes. Weilte er aus diplomatisch-politischen Gründen in Paris, betrat er das Opernhaus  und verließ es bei laufender Vorstellung durch den Nebeneingang, um sich unbemerkt mit französischen Politikern treffen zu können. Man hatte gerade ein unangenehmes Problem mit England, wollte aber das öffentliche Interesse nicht erregen. Für Cléo sprang dabei lediglich ein großer Strauß Rosen heraus.)

Cléo überstand beide Weltkriege und zog sich schließlich langsam von der Bühne zurück.

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Einen aufsehenerregenden Prozess wegen Beleidigung strengte sie gegen Simone de Beauvoir an, die sie in ihrem Essay »Das zweite Geschlecht« als Kurtisane Leopolds und Halbweltdame bezeichnete. Beauvoir musste sich entschuldigen und den Text ändern.

1964 schoss Cecil Beaton eine Fotoserie von der damals 89-jährigen Tänzerin für die Zeitschrift »Vogue« – erstaunliche Bilder einer schönen Frau.

1966 starb Cléo de Mérode mit 91 Jahren in Paris. Ihren Grabstein am Friedhof Père-Lachaise ziert eine Skulptur, die der Bildhauer Luis de Périnat nach ihr geschaffen hat.

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