Der hüpfende Floh
von Christine Piswanger-Richter
Der hüpfende Floh
von Christine Piswanger-Richter
Eine Liebeserklärung an die Ukulele
Wie meinen Sie? Die Ukulele hat in der europäischen Kulturgeschichte nichts verloren, die ist doch typisch hawaiianisch, meinen Sie? Nun, nicht ganz. Denn ihren Ursprung hat sie am westlichen Rande Europas, genauer in Portugal. Hier wurde sie erfunden und von hier startete sie ihren mittlerweile sehr erfolgreichen Siegeszug rund um den Erdball. Und das verwundert kein bisschen, wenn man sich etwas näher mit diesem Instrument auseinandersetzt.
Optisch erinnert sie aufgrund ihrer Größe an eine zu heiß gewaschene Gitarre, also eher ein Instrument für ein Kind als für einen Virtuosen. Für den interessierten Anfänger bieten sich die Sopran- oder Tenor-Ukulelen an. Der zierliche Sopran begnügt sich mit einer Länge von ca. 54 cm, beim Tenor sind es rund 66 cm. Im Maß dazwischen liegt die Konzert-Ukulele mit 59 cm und dann gibt es noch zwei Ausreißer für Fortgeschrittene: die besonders kleine Sopranino mit nur 41 cm Gesamtlänge und die extra große Bariton-Ukulele mit 77 cm.
Der Korpus kann aus unterschiedlichsten Materialien bestehen. Auch für den Erstversuch, für den man vielleicht noch kein absolutes Spitzeninstrument sucht, sollte er jedenfalls aus Holz bestehen. Sehr häufig kommt Mahagoni zum Einsatz. Es bringt einen warmen und weichen Sound. Getoppt wird der nur noch von der „hawaiianischsten“ Holzart, dem nur dort vorkommenden Koa, eine spezielle Akazienart. Billige Ukulelen sind aus Laminat gefertigt, das ist eher nicht zu empfehlen.
Als Kompromiss sollte zumindest die Decke aus Massivholz bestehen, denn die Decke ist für rund 90 % des Klanges verantwortlich. Bespannt wird die Ukulele mit vier Nylonsaiten. Keinesfalls sollte man – auch nicht zu Experimentierzwecken – Stahlsaiten aufziehen. Der Saitenzug bei Stahlsaiten ist rund doppelt so stark und das Experiment könnte mit einem abgerissenen Steg oder einem verzogenen Hals enden (bei der Ukulele, nicht beim Musiker). Dass es bei der Ukulele nur vier statt wie bei der Gitarre sechs Saiten sind, erleichtert dann auch das Erlernen und vereinfacht die Grifftechnik.
Die Stimmung der Saiten ist unterschiedlich, hierzulande hat sich für die hauptsächlich im Einsatz befindlichen Sopran und Tenor-Ukulelen die Stimmung auf g’-c’-e’-a’ durchgesetzt. Der Anfänger bekommt für die Stimmung nicht nur ein Stimmgerät in die Hand gedrückt, sondern auch Reime, um sich die Notenabfolge zu merken, wie »Gute Clowns ernten Applaus« oder die prosaische Version »Gute Clowns essen alles«. Während bei anderen Saiteninstrumenten die Stimmung in aufsteigender Tonhöhe angelegt ist, liegt das g‘ der ersten Saite tonhöhenmäßig zwischen der dritten – e‘ – und der vierten – a‘ – Saite. Und diese Stimmung ist maßgeblich für den typischen Ukulele-Klang.
Musikinstrumente werden in der Regel immer weiterentwickelt, so dass man oftmals keinen Erfinder benennen kann. Bei der Ukulele kennt man nicht nur Erfinder, sondern auch die Umstände, die zur Erfindung führten und die mitverantwortlich für die schnelle Verbreitung des Instrumentes von Anfang an waren. Hier sind wir nun bei einem wesentlichen Punkt der europäischen Kultur im Zuge der Ukulele-Geschichte angelangt, denn der Erfinder ist Manuel Nunes, ein portugiesischer Möbelschreiner, Fabrikant und Erfinder. Nunes wurde 1843 geboren und spielte mit großer Freude die »Braguinha« (auch Machete genannt), eine auf Madeira übliche Version der »Cavaquinho«.
Auch diese beiden Modelle sind vier-saitig, wobei die Saiten aus Stahl sind. Besonders daran ist die Stimmung: beide Instrumente gibt es auf d′ – g′ – h′ – d″ gestimmt, die »Cavaquinho« zusätzlich auch in der modernen Stimmung auf d′ – g′ – h′ – e″ Auch für Nicht-Musiker gut hörbar: die oberste Saite ist im Vergleich zu den anderen oktaviert, also deutlich höher gestimmt. Der »akustische Sprung« ist daher noch deutlicher als bei der Ukulele. Mit diesen Instrumenten im Handgepäck reisten Manuel Nunes und ein weiterer Portugiese namens João Fernandez 1879 nach Hawaii. Glücklich über die gute Landung griffen sie zu ihren Instrumenten und spielten los. Den Hawaiianern hat das gefallen und eine Legende besagt auch, dass sie dem Instrument den Namen »Ukulele« verpassten, was auf Deutsch »hüpfender Floh« heißt.
Diese Assoziation kann einerseits vom Klang herrühren oder auch von den flinken Fingern der beiden Madeirenser, die gleich einem Floh über das Griffbrett hüpften. Das sind allerdings nur zwei, wenn auch sehr einleuchtende Theorien zur Namensgebung. Eine andere meint, der Name ist auf die geringe Körpergröße und Spielart des Edward Purvis zurückzuführen, ein talentierter Musiker, der den Hawaiianischen König David Kalakauas mit seiner Ukulele erfreute und dessen Spitzname dann auf sein Instrument übertragen.
Ja, und zu guter Letzt gibt es auch die Übersetzung von »Uku« mit Geschenk und »lele« mit kommen, somit ist die Ukulele für die Hawaiianer ein willkommenes Geschenk gewesen, dass ganz besonders charakteristisch für die hawaiianische Musik geworden ist und bis in die Gegenwart assoziiert man den Ukulele-Sound gerne mit Südsee, Strand, wolkenlosem Himmel und süßem Leben. Gibt es eine schönere Assoziation für ein Musikinstrument?
Noch einmal zurück zum Erfinder Manuel Nunes. Er arbeitete auf Hawai auf diversen Plantagen und zog weiter nach Honolulu, wo er zunächst als Tischler und dann in einer Fabrik für Macheten (nein, nicht die Messer sind gemeint, sondern die bereits erwähnten Braguinhas) arbeitete. Gemeinsam mit den beiden anderen Portugiesen Augusto Dias und Jose De Espirito Santo gründete er 1889 eine Fabrik zur Produktion von Ukulelen.
Leider waren die Kompagnons gesundheitlich angeschlagen, einer verstarb auch bald, so dass schließlich die Firma »M. Nunes and Sons« übrigblieb. Das »and Sons« hatte auch seine Berechtigung, denn Nunes war als Witwer mit insgesamt neun Kindern nach Hawaii gekommen. Er wurde vom König David Kalākaua sehr gefördert und sein Unternehmen erhielt dann 1910 auch eine offizielle Bestätigung durch die Republik Hawaii. 1917 zog er sich dann aus dem Unternehmen zurück und übergab die Verantwortung an zwei seiner Söhne, die noch bis Ende der 1930er Jahre Nunes-Ukulelen produzierten.
Das kleine portugiesische Instrument war mittlerweile in Hawaii gut heimisch geworden. Als Hawaii 1959 der 50. Bundesstaat der USA wurde, war der Weg für die Ukulele nach Nordamerika geebnet und über diesen Umweg kam sie schließlich wieder nach Europa zurück. Zu einem weiteren Popularitätsschub verhalf ihr Billy Wilder mit dem Film »Manche mögen’s heiß«, im Original »Some like it hot«.

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Marilyn Monroe spielt darin eine Musikerin einer Damenkapelle, die mehr durch ihr famoses Aussehen, denn Virtuosität glänzt. Sie spielt die Ukulele im Orchester und verleiht dem Instrument damit den Nimbus »das kann ja jeder«. In Deutschland hat Stefan Raab der Ukulele Ende der 1990er Jahre zu einem neuerlichen Popularitätsschub verholfen, in dem er in seinen Fernsehshows all möglichen internationalen Popgrößen auf der Ukulele begleitet hat. Wahre Virtuosen auf der Ukulele sind die Musiker vom »The Ukulele Orchestra of Great Britain«.
Die Formation wurde 1985 ursprünglich für einen einzigen Auftritt gegründet. Insgesamt 13 Musiker zählt das Orchester, jeweils acht spielen die Konzerte, wobei sieben unterschiedliche Ukulelen nutzen und einer den ergänzenden Bass spielt. Ihr Repertoire ist sehr breit und sie singen, summen und pfeifen dazu. Obwohl sie allesamt Spitzenmusiker sind, unterstützen sie bisweilen ihre Fans auch beim Musizieren. Legendär ist ihr Konzert der BBC Proms am 18. August 2009 in der Royal Albert Hall in London, zu dem sie das Publikum einluden, ihre Ukulelen mitzunehmen.
Um die 6.000 Menschen besuchten das Konzert und rund 1.000 hatten ihre Ukulelen dabei. Gemeinsam spielten sie Beethovens Ode an die Freude aus der 9. Symphonie. Es ist ein grandioses Beispiel, dass sich die Ukulele sehr wohl auch für klassische Musik eignet, dass sie mitzureißen vermag und wenn man in die Gesichter blickt, merkt man auch, wie sie auch mit diesem hehren Stück einfach gute Laune verbreitet. Das Orchester versteht es auch perfekt, die eigene Virtuosität zunächst zurückzunehmen, um das Publikum bestmöglich einzubinden und nach und nach die Melodie mit eigenen Arrangements anzureichern. Auch Beethoven hätte wohl seine Freude damit gehabt.
Um so ein Niveau zu erreichen, braucht es sowohl Talent als auch jahrelange Übung. Aber man muss ja nicht gleich nach den Sternen greifen, denn die Ukulele macht den Einstieg ins Musikerleben leicht. Manche sind der Meinung, es würde sich auch für Kinder als weit besseres Einstiegsinstrument eignen, denn die hierzulande häufig gequälte Blockflöte. In der Regel werden auf der Ukulele Akkorde geschlagen und sie ist somit das ideale Begleitinstrument für Sänger, seien es Solisten, Ensembles oder auch kleine Chöre.
Die vier Saiten im Vergleich zu den sechs bei der Gitarre, bedingen teilweise eine einfachere Grifftechnik. Zu Beginn reichen wenige Akkorde, um sich selbst bei einfachen Liedern zu begleiten oder in Gruppen mitspielen zu können. Empfohlen wird das Erlernen der vier Akkorde G-Dur, C-Dur, A-moll und F-Dur und schon kann die Begleitung hunderter Songs losgehen. Natürlich braucht man zum wirklich befriedigenden Spiel – für Spieler und Zuhörer – nach und nach mehr Akkorde, aber mit diesen vier Startakkorden kann man sich schon einmal zu zwanglosen Ukulele-Treffen trauen und mitspielen. Die Ukulele kann leise gespielt werden, so kann man sich gut an anderen, versierteren Mitspielern orientieren und langsam mutiger und somit bestimmter und auch lauter im Anschlag werden.
Natürlich vergreift man sich als Anfänger auch mal, aber da die Grundstimmung der Ukulele ohnehin diesen »hüpfenden« Klang ergibt, klingt es selten extrem falsch, sondern nur so »ein bisschen daneben«.
Der Klang der Ukulele verursacht bei fast allen Menschen eine heitere Grundstimmung. Vielleicht belächeln manche das Instrument, egal, Hauptsache sie lächeln. Vergreift man sich am Klavier, dann gibt das Spieler und Zuhörer einen spürbaren Stich. Der Fehler ist in der Regel deutlich hörbar. Bei der Geige können falsche Griffe und kratzender Strich zuweilen fast körperliche Schmerzen verursachen. Der entzückenden Ukulele hingegen verzeiht man gerne kleine Abweichungen. Sie meint’s ja nicht bös‘.
Auf YouTube finden sich zahlreiche Tutorials und im Internet eine Reihe Lehr- und Lernplattformen, die meisten sogar gratis. Wie bei all diesen Tutorials, egal welches Instrument es anbelangt, muss der Lernende in der Lage sein, gleichzeitig zu spielen und sich selbst zu beurteilen und gegebenenfalls zu korrigieren. Manchen macht das keinen Stress, die sind damit gut beraten, manche – und dazu zählt sich auch Ihre Autorin – ziehen es vor, von einem Profi instruiert und korrigiert zu werden, bevor sich Fehler, wie eine falsche Haltung oder Grifftechnik einprägen. »Entlernen« oder »umlernen« ist in solchen Fällen weit schwieriger als neu zu lernen.
Während bei Klavier oder Geige der Einzelunterricht am ehesten zum Ziel führt, eignet sich die Ukulele sehr gut für den Unterricht in kleiner Gruppe. Man kann sich da die »Schwarmintelligenz« zunutze machen. Wenn man mal selbst einen Akkord nicht richtig erwischt, stehen die Chancen noch immer ganz gut, dass die Nachbarn richtig spielen und man kann wieder »zusteigen«. Auch macht das Üben in kleiner Gruppe mehr Spaß als nur allein zu spielen.
Die Ukulele ist anpassungsfähig, es gibt fast kein Genre, das nicht in Ukulele-Klänge übersetzt wurde. Nachstehend ein Beispiel eines portugiesischen Liedes »Os putos« (Die Kinder), vielleicht eines jener Lieder, die die portugiesischen Einwanderer zunächst zum Besten gaben:
Fröhliche Klänge stehen ihr besonders gut, das heißt aber nicht, dass sie nicht auch geeignet wäre, einen Fado zu begleiten:
Wie die Ukulele in verschiedenen Ländern gespielt wird, hört und sieht man hier:
Die »große Schwester« Gitarre passt exzellent zur Ukulele, wie das Beispiel von Andrew Lloyd Webbers, »Phantom of the Opera« zeigt:
So, nun haben Sie aber genug gelesen, auf zum Musikinstrumente-Geschäft ihres Vertrauens und lassen Sie sich die lagernden Ukulelen zeigen. Für den Anfänger im Erwachsenenalter eignen sich Tenor-Ukulelen besser, da sie nicht so eng zu greifen sind. Achten Sie darauf, dass das gute Stück aus Holz ist und spielen Sie auf den in Frage kommenden Instrumenten einen C-Dur-Akkord (Ringfänger auf der untersten Saite am dritten Bund). Entscheiden Sie nach dem Klang und dem Gefühl. Gratulation! Sie haben Ihren »hüpfenden Floh« gefunden, der Sie fortan musikalisch begleitet – wenn Sie nur wollen.
Verwendete Literatur und Quellen
https://de.wikipedia.org/wiki/Manuel_Nunes_(Erfinder)
https://www.lanikai-ukulelen.de/geschichte-der-ukulele.html
Rödder, Gernot (2001): Ukulele total. Geschichte, Spieltechnik, Musiktheorie, Tipps, Pflege. Bonn