Die Mannheimer Schule

von Anja Weinberger

Die Mannheimer Schule –

das Symphonieorchester der Zukunft entsteht

Am 31. Dezember 1742 tritt Karl IV. Theodor wie schon seit seinem 10. Lebensjahr geplant die Regentschaft an als Pfalzgraf, als Kurfürst von der Pfalz und als Herzog von Jülich-Berg. Er tut das in der Nachfolge Karls III. Philipp von der Pfalz, dessen Enkelin Elisabeth Auguste er erst im Januar desselben Jahres geheiratet hatte. Geboren wurde er als Karl Theodor von Pfalz-Sulzbach (1724 – 1799) aus der Pfälzer Linie des Hauses Wittelsbach. Seine gesamte Regierungszeit wird enorme Bedeutung haben für die kulturelle Entwicklung des süddeutschen Raumes im Spannungsfeld Mannheim – München.

Schon sein Vorgänger Pfalzgraf Karl III. Philipp hatte 1720 nach langem Hin und Her die Residenz von Heidelberg nach Mannheim gebracht. In diesem Zusammenhang legte er auch den Grundstein zur späteren Mannheimer Hofkapelle. Die Musiker dafür fand er u.a. in Innsbruck, wo er bis kurz zuvor lebte, und in Düsseldorf, der Residenz seines Vorgängers. Zum Kapellmeister dieses neu formierten Klangkörpers wurde Carlo Luigi Grua (1700 – 1773) bestimmt. Dieser kam schon als Knabe mit seinem Vater an den Hof, damals in Düsseldorf. Dort erhielt er eine umfassende Ausbildung. In der Folgezeit wurde Grua auch zum Operndirektor ernannt und das für die Hochzeitsfeierlichkeiten des zukünftigen Kurfürsten Karl Theodor erbaute Opernhaus wurde 1742 mit seiner Festoper „Meride“ eingeweiht.

Und ab 1743 lagen die Geschicke des Orchesters dann also in Händen Karl Theodors. Der Anfang verlief eher schleppend, das Orchester war unausgewogen und mittelmäßig besetzt. Karl Theodor selbst fühlte sich nicht glücklich in Mannheim und dachte über einen Umzug nach Düsseldorf nach. Im Herbst 1747 beruhigte sich dann aber aus unterschiedlichsten Gründen das bewegte Fahrwasser und der Kurfürst ließ einen Hof – und Staatskalender für das folgende Jahr drucken. Das hatte Signalwirkung und wurde auch von der Hofkapelle so verstanden. Karl Theodor war ein aufgeklärter Landesherr, gebildet, ja intellektuell. Er förderte Wissenschaft und Kunst weit über das bei Herrschern übliche Maß hinaus. Unter ihm wird sich Mannheim bald zu einer glanzvollen Residenzstadt entwickeln. Er liebte die Musik, spielte selbst recht gut Flöte und Violoncello. Ein wohlklingendes, großes Orchester erschien ihm da gut geeignet, um seine neuerhaltene Macht und seinen Reichtum zu repräsentieren. In den kommenden Jahren sollte dann die Crème–de–la–Crème der musikalischen Welt ihren Wohnsitz in Mannheim nehmen oder aber von dort aus die Welt erobern. Das alles begann mit einem wahren Glücksgriff, dem Engagement von Johann Stamitz.

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Johann Stamitz (1717 – 1757) wurde in Böhmen in der Stadt Deutschbrod geboren, sein Vater war der dortige Organist. Am Jesuitengymnasium kam er mit der italienischen Musik in Berührung und erhielt eine Ausbildung von hohem Niveau. Anschließend studierte er ab 1734 an der Prager Universität Philosophie. Dort in Prag hielten sich seit der Krönung Karls VI. mehrere Jahre zuvor zahlreiche italienische Komponisten auf und Stamitz konnte nun also die italienische Konzertsinfonie kennenlernen. Sein sehr frühes Virtuosentum deutet außerdem darauf hin, dass er gründlichste Violinstudien betrieben haben muss.

Spätesten 1742 wurde er als Geiger ins Mannheimer Hoforchester aufgenommen. 1743 ernannte Karl Theodor den Geigenvirtuosen schon zum Konzertmeister der Mannheimer Hofmusik. Und 1747 begann Stamitz dann mit dem systematischen Aufbau der Violinklasse. Er holte u.a. die Brüder Johannes und Carl Joseph Toeschi ins Orchester, beides exzellente Violinisten und Söhne von Alessandro Toeschi, dem aus Italien stammenden 2.Konzertmeister des Mannheimer Orchesters.

Was heute selbstverständlich ist, wurde von Johann Stamitz in Mannheim quasi „erfunden“: ein einheitlicher Bogenstrich der Streicher und das gemeinsame Beginnen und Beenden des Musizierens, angedeutet durch eine Geste des Instrumentalmusicdirectors. Mit der Zeit wurde das Orchester deutlich vergrößert und auch Bläser kamen hinzu.

Das Jahr 1753 brachte mehrere Veränderungen. In der Sommerresidenz Schwetzingen wurde eine zweite Opernbühne errichtet. Das bedeutete natürlich einen großen Mehraufwand in der Orchesterarbeit. Um Stamitz zu entlasten, wurde der Wiener Ignaz Holzbauer (1711- 1783) als weiterer Kapellmeister v.a. für das Theater nach Mannheim gerufen. Holzbauer war ebenfalls umfassend gebildet, spielte mehrere Instrumente und sang. Seine Opern hatten ihn berühmt gemacht und dominierten in den Fünfzigerjahren den Spielplan. Er dehnte die von Stamitz genau durchdachte und konsequente Aufbauarbeit auf alle Stimmgruppen des Orchesters aus. Außerdem sorgte er für Neuzugänge, auch im Vokalensemble. Dabei wurden gezielt hervorragende Musiker engagiert. Der Komponist, Sänger und Geiger Franz Xaver Richter (1709 – 1789),  die beiden Cellisten Antonin Fils (1733 – 1760) und Innocenz Danzi ( um 1730 – 1798), die Oboisten Friedrich Ramm (1745 – 1813) und Ludwig August Lebrun (1752 – 1790), der Flötist Johann Baptist Wendling (1723 – 1797) und der Geiger Wilhelm Cramer (1746 – 1799) kamen im Laufe der nächsten Jahre nach Mannheim, alles Größen ihrer Zunft.

Mit ihren häufigen Gastspielen in den musikalischen Metropolen der damaligen Welt trugen sie außerdem dazu bei, den guten  Ruf der Mannheimer Hofkapelle zu verbreiten. Und das Entscheidende – sie alle unterrichteten auch. Denn neben den erfahrenen Musikern wurden junge Schüler, oftmals die eigenen Kinder, von Anfang an im eigenen Sinne erzogen. Dies sollte auf längere Sicht das Erfolgsrezept der Mannheimer sein: Teamarbeit und Investition in die Jugend.

Das beste Beispiel dafür ist der Violinist Christian Cannabich  (1731 – 1798), der  in Mannheim geboren wurde und  schon im Alter von 10 Jahren als Schüler zu Johann Stamitz kam. 12jährig trat er als Scholar der Hofkapelle bei, drei Jahre später war er Hofmusiker.

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Aber nicht nur die Orchestererziehung war ein Novum in der Pfalz. Die Mannheimer Schule verstand sich auch als Kompositionsschule. Einerseits sollte das kompositorische Handwerk erlernt werden, andererseits praktische Erfahrungen mit neuen Werken zahlreicher Komponisten aus dem In – und Ausland gesammelt werden. Besonders begabte Schüler wurden auf Kosten des Kurfürsten zu Studienaufenthalte nach Italien geschickt.  So eben auch Christian Cannabich, der sich von 1750 bis 1756 zu Unterrichtszwecken bei Niccolò Jommelli in Rom und bei Giovanni Baptista Sammartini in Mailand aufhielt. Nach dem frühen Tod von Johann Stamitz übernahm Cannabich dann 1758 die Stelle des Konzertmeisters und wurde so zum Leiter des berühmtesten Orchesters der damaligen Zeit.

In den folgenden Jahren wird er 70 Sinfonien und über 40 Ballettmusiken komponieren, zum hochverehrten Dirigenten und Orchestererzieher avancieren und viele Schüler unterrichten. Z.B. waren darunter auch die Söhne seines Vorgängers, Carl und Anton Stamitz. Diese beiden waren übrigens nicht nur virtuose Violinisten, sondern spielten und komponierten auch für die Viola. Eines der ersten Konzerte für Viola stammt von Carl Stamitz, der damit europaweit große Erfolge feierte und das bis heute zum Standardrepertoire eines jeden Bratschers gehört.

In seiner doppelten Funktion als Kompositionslehrer und Dirigent formte Cannabich die Mannheimer „Orchesterwerkstatt“. Und in seinen eigenen Orchesterwerken spiegelten sich die enormen technischen Fähigkeiten des Orchesters wider, wie das in diesem Maße vorher noch nie der Fall gewesen ist. Die Mannheimer setzten auf Abwechslung und Überraschung, auf kleinere melodische Motivik, die beinahe theatralisch behandelt wurde. Diese neue und sehr aussagekräftige Orchestersprache wurde später von Hugo Riemann als „Mannheimer Manieren“ bezeichnet. V.a. das Crescendo und die perfekt gespielte Kontrastdynamik machte dank der spieltechnischen Perfektion des Hoforchesters großen Eindruck. Die Schlagworte „Mannheimer Seufzer“, „Mannheimer Rakete“, „Mannheimer Walze“, „Mannheimer Bebung“ und das „Vögelchen“ sind in den musikalischen Sprachgebrauch eingegangen.

Cannabich und seine Schüler und Kollegen komponierten eine neuartige Orchestermusik, die v.a. die vorhandenen Bläser anders für den Gesamtklang einsetzten. Holzbläser und Hörner wurden bis dahin lediglich als Verdopplung der Violinen oder zur Verstärkung der Harmonie geführt. Nun gewinnen sie an Eigenständigkeit, häufig haben sie eigenes solistisches Themenmaterial, das bei den Streichern gar nicht erscheint. Sie werden differenzierter geführt, zu Duos oder Trios gekoppelt, um neue Klangvarianten zu erzeugen.

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Und zwei weitere wichtige Veränderungen im Klang der Orchestermusik fanden dann fast zeitgleich statt. Ab 1758 wandelte sich in Mannheim der Bläserklang noch einmal, denn das damals neue Instrument Klarinette wurde in den für das Orchester entstandenen Werken besetzt. Außerdem gewann die Mannheimer Schule mit dem damaligen „Staroboisten“ Ludwig August Lebrun einen Botschafter in der ganzen musikalischen Welt. Lebrun heiratete Franziska Dorothea Danzi, die Tochter Innocenz Danzis, eine der hervorragendsten und berühmtesten Sängerinnen ihrer Zeit. Das Ehepaar bereiste ganz Europa und verblüffte mit perfekt aufeinander abgestimmter, geradezu artistischer gemeinsamer Bühnenpräsenz. Viele Komponisten schufen für diese beiden Arien mit obligater Oboe. Interessant am Rande: Franziska Dorothea war nicht nur die Schwester Franz Danzis, sondern auch Nichte von Carl Joseph Toeschi (s.o.). Förderlich für die einmalige Präzision und Gemeinschaftlichkeit des Mannheimer Orchesters war auf jeden Fall eben auch die Tatsache, dass ganze Dynastien von Sängern, Komponisten und Instrumentalisten über Jahrzehnte in der Hofkapelle blieben. Viele der angeworbenen auswärtigen Spitzenmusiker ließen sich nicht nur in Mannheim nieder, sondern gaben in ihrer üblicherweise gut 25jährigen Dienstzeit ihr Können und Wissen nicht nur an ihre Schüler, sondern auch an ihre eigenen Kinder weiter. Zahlreiche freundschaftliche und verwandtschaftliche Verbindungen unter den Musikern sind dokumentiert.

Und die zweite einschneidende Veränderung, mindestens genauso wichtig: ab 1760 verzichteten die Mannheimer mehr und mehr auf das Cembalo und die Laute, damit also auf den Basso continuo. Und übrigens haben wir auch die Einführung des Menuettes als zusätzlichem Satz vor dem abschließenden Finale einer Sinfonie den Mannheimer Komponisten zu verdanken.

Das waren also die entscheidenden Schritte hin zum sogenannten klassischen Sinfonieorchester und zur klassischen Sinfonie. Und da Jahr für Jahr tausende Besucher aus dem Hochadel, aber auch viele Künstler, Bildungsreisende und Musikliebhaber nach Schwetzingen und Mannheim zu Hofkonzerten und Opernaufführungen kamen, verbreitete sich der Ruf des Orchesters und seiner Musik wie Donnerhall. Mozart, Haydn und Beethoven legten nun genau diesen orchestralen Klang ihren Sinfonien zugrunde. Bis heute hat sich daran im Grunde wenig geändert.

Brillieren konnten die Hofmusiker natürlich auch mit Solokonzerten, die sie im Allgemeinen für sich selbst oder einen Schüler schrieben. Die Anzahl der Konzerte aus dieser Zeit ist wirklich beträchtlich. Komponiert haben v.a. Johann Stamitz (alleine 14 Flötenkonzerte und das vermutlich früheste Klarinettenkonzert), Carl Stamitz (15 Violinkonzerte, 7 Flötenkonzerte, 4 Cellokonzerte und 11 Konzerte für das „neue“ Instrument Klarinette, von denen die Nr. 3 in B-Dur bis heute bei Aufnahmeprüfungen an Musikhochschulen verlangt wird), Franz Danzi, Christian Danner, Ignaz Fränzl, Ludwig August Lebrun (u.a.6 Oboenkonzerte), Alessandro Toeschi, Jean Baptist Wendling, Antonin Fils und Franz Xaver Richter.

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Natürlich wurde auch Kammermusik geschrieben. Franz Danzi brillierte v.a. mit seinen Bläserquintetten für Flöte, Oboe, Klarinette, Horn und Fagott, einer Besetzung, die erst wenige Jahre zuvor von Anton Reicha „erfunden“ wurde. Im Grunde kann man das als Fortsetzung der Orchesterarbeit betrachten, denn die fünf Bläserstimmen werden von ihm hochvirtuos, klangschön und sozusagen „sinfonisch“ geführt, ein echtes Novum in der Kammermusik und bis heute sehr gerne und häufig gespielt. Auch bei der Entwicklung der Gattung „Streichquartett“ waren die Mannheimer dabei.

Franz Xaver Richters (1709 – 1789) Quartettpublikationen sind nach Boccherinis op.2 die ersten, bei denen die vierte Stimme mit „Violoncello“ und nicht mehr mit „Basso“ (also Basso continuo“) bezeichnet ist. Die Selbständigkeit und Virtuosität, die der Komponist jedem der vier Instrumente zugesteht, sind für die Anfangszeit des Streichquartetts nahezu ohne Beispiel. Das wundert uns nicht und ist äußerst folgerichtig im Hinblick auf die Orchesterarbeit der Mannheimer Schule (s.o.). Das Streichquartett entwickelt sich durch Haydn, Mozart und Beethoven schließlich zu DER Kammermusikbesetzung schlechthin.

Ungewöhnlich war auch die gute und v.a. zeitnahe Bezahlung der Musiker. Zusätzlich zur festen Besoldung gab es auch Kleidergeld und Naturalien. Sogar eine Art Sozialgeld wurde gezahlt, sollte eine Musikerfamilie durch Krankheit oder Tod des Hauptverdieners in Not geraten – für die damalige Zeit äußerst ungewöhnlich. Durch zusätzliche Arbeiten wie Repetition, Kopieren o.ä. konnte dazuverdient werden. Am besten bezahlt wurden jedoch aufführungsfertige Kompositionen.

Diese ungewöhnlich sichere und recht großzügige Besoldung konnte nur geleistet werden, weil die Ehefrau Johann Wilhelms von der Pfalz,  Anna Maria Luisa de‘ Medici, quasi schon zwei Generationen zuvor einen sehr großzügigen Geldbetrag für den Bestand und Erhalt der Hofkapelle bereitgestellt hatte, der für nichts anderes verwendet werden durfte.

Wolfgang Amadeus Mozart kam als 7jähriger im Jahre 1763 zum ersten Mal nach Mannheim. Schon da galt er als Wunderkind und war mit dem Vater Leopold auf Konzertreise. Zwei Konzerte spielte er für Karl Theodor in dessen Sommerresidenz Schwetzingen. Leopold Mozart beschreibt das Orchester schon da als „das beste in Teutschland“. Zum zweiten Male reiste Wolfgang dann für mehrere Monate des Jahres 1777 mit seiner Mutter an und nahm Logis in Cannabichs Haushalt. Er gab der Tochter Rosine einige Klavierstunden und widmete ihr die Klaviersonate KV 309. Cannabichs fürsorgliche, freundschaftliche Haltung betonte Mozart mehrmals in Briefen an den Vater und er beschrieb Cannabich als „besten Director, den er je gesehen“.

Am Namenstag des Kurfürsten trat Mozart dann als Pianist im Rittersaal, also dem höfischen Konzertsaal, mit der Hofmusik auf. Und er entdeckt in Mannheim die Liebe! Sein Herz entflammte für Aloisia Weber, ihres Zeichens Koloratursopranistin am Hofe und Tochter des Kontrabassisten und Kopisten Fridolin Weber. Aus der jungen Liebe wird leider nichts. Jedoch trifft man sich Jahre später in Wien wieder und Mozart wird nach einigen Monaten Aloisias Schwester Constanze heiraten. 1778 widmete Mozart seine 6 Violinsonaten KV 301-306 der Kurfürstin Elisabeth Auguste und betonte im Widmungstext, wie sehr ihn die zahlreichen musizierenden Mannheimer Komponisten und ihre Meisterwerke beeindruckt und beeinflusst haben. Außerdem berichtet er nach Hause: „Das Orchester ist sehr gut und starck…es läst sich eine sehr schöne Musick machen“.

Bei seinem letzten Aufenthalt in Mannheim am 23. und 24. Oktober 1790 dirigiert er im Nationaltheater seinen „Figaro“. Sein Dirigentenstuhl wird aufbewahrt, im 2. Weltkrieg zerstören ihn die Flammen.

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1771 kommt Georg Joseph Vogler, später gen. Abbé Vogler (1749 – 1814), nach Mannheim. Der musikbegabte Sohn eines Geigenbauers hatte geistliches und weltliches Recht studiert und erhielt von Kurfürst Karl Theodor ein Stipendium für eine zweijährige Italienreise. Zum Priester geweiht und zurück aus Italien übernahm er 1776 neben Ignaz Holzbauer die zweite Kapellmeisterstelle. Außerdem widmete er sich seiner großen Leidenschaft, der Volksbildung. Die erste Musikschule für jedermann entstand. Vogler hatte keinen leichten Stand in Mannheim, seine Unterrichts – und Erziehungsmethoden kamen nicht gut an. Für uns Nachgeborene aber ist besonders wichtig, dass er durch seine Zeitschrift „Betrachtungen der Mannheimer Tonschule“ die Stilistik der Hofkapelle samt angeschlossener Schule gut und ausführlich umriss. Auch als Musiktheoretiker erlangte er Bedeutung.

1775 wurde dann das alte Zeughaus in Mannheim zur deutschen National-Schaubühne umgebaut. Bis dahin dominierten französische Schauspiele und italienische Opern den Spielplan. Nun sollten deutsche Werke dazu kommen, denn ausschließlich in deutscher Sprache zu spielen, das galt gerade als innovativ. Zuerst konnte der Besucher Schauspiele und Singspiele bewundern, dann kam das Melodram dazu, ein gänzlich neues Genre.

Seine Anfänge lagen zwar in Frankreich, aber erst in Deutschland hatte es sich in den 1770er Jahren als eigenständige musikalische Gattung etabliert. Vermutlich liegt das in der Natur der deutschen Sprache selbst. Denn es überwog die Meinung, die deutsche Sprache sei zu schwerfällig zum Singen. Im Melodram nun wurde gesprochene Sprache mit Instrumentalmusik verwoben, ganz selten nur finden sich auch gesungene Abschnitte. Wieder waren die Mannheimer bei diesem Neuanfang dabei, wieder sollte mit dem Nationaltheater Mannheim eine großartige Geschichte beginnen.

Einer der Höhepunkte der folgenden Jahre sollte die Uraufführung von Schillers Drama „Die Räuber“ auf dieser Bühne und natürlich Mozarts „Figaro“ (s.o.) werden. Doch leider war die Mannheimer Hofkapelle da schon nicht mehr in dieser Form vorhanden. Denn am 30. Dezember 1777 starb der bayerische Kurfürst Max III. Joseph von Bayern und Karl Theodore von der Pfalz musste, wie in der Hausunion vorgesehen, seinen Hof nach München verlegen. Ganz nebenbei entstand dadurch der drittgrößte Länderkomplex des Heilig Römischen Reiches und die achte Kurwürde, nämlich die pfälzische, erlosch. In München wurden die beiden Hofkapellen zusammengeführt, konnten aber nie mehr im selben Glanz erstrahlen.

Genau 35 Jahre lang war die Kurpfalz und die Stadt Mannheim also eine der führenden Musikzentren Europas. Der große finanzielle und ideelle Einsatz von Karl Theodor, seinen Musikern und Schauspielern klingt bis heute nach.

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Verwendete Literatur:

Fabian, Sarah-Denise: Faszination Hofmusik, Schwetzingen 2019
Glüxam, Dagmar: Artikel „Mannheimer Schule“ im Österreichischen Musiklexikon, oeml 2020
Holmes Schaefle, Melody: Flute pedagogy of the eightteenth and nineteenth centuries, San José 1989
Pelker, Bärbel: Die kurpfälzische Hofmusik in Mannheim und Schwetzingen, Schwetzingen, 2012
Pešek, Ursula und Željko: Flötenmusik aus drei Jahrhunderten, Kassel 1990
Ragge, Peter W.: Mozarts Mannheimer Tage, Mannheim 2016
Schick, Hartmut: Hat Franz-Xaver Richter das Streichquartett erfunden?, Stuttgart 2009
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