Gauberts wundervolle Kammermusik

von Anja Weinberger

Gauberts wunder-volle Kammer-musik

von Anja Weinberger

Wir befinden uns im Frankreich vor der vorletzten Jahrhundertwende. Ein kleiner Junge wird 1879 in Cahors geboren und bald zeigt sich, dass er musikalisch sehr begabt ist.

Ein günstiger Wind beflügelt seinen Lebensweg und schon als 15jähriger Flötenstudent gewinnt er am Conservatoire de Paris einen 1. Preis (1894). Er studiert auch Komposition und wird mit dem Prix-de-Rome ausgezeichnet – wirklich ungewöhnlich für einen Instrumentalstudenten (1905). Nun machte er Karriere als Flötist an der Opéra und nach dem 1. Weltkrieg (1919) übernimmt er gleich dreifach Verantwortung: als Professor für Flöte am Konservatorium, als Chefdirigent der Opéra de Paris und in gleicher Position bei der Société des Concerts.

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Gaubert spielt selbst, sein eigenes Stück Madrigal.

Philippe Gaubert war einer der prominentesten französischen Musiker in der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen. Er muss ein großartiger Flötist gewesen sein mit einem besonders warmen, runden Ton. Die damals noch recht neuartige Böhmflöte hat er zum Leben erweckt und ist bis heute ein Vorbild für viele junge Flötisten.

Denn – Gaubert  war nicht nur begabt, sondern auch ein rastloser Arbeiter und außergewöhnlicher Lehrer. All seine Schüler sprachen mit äußerster Hochachtung von ihm. Er beeindruckte mit der Leichtigkeit seines Spiels und der Vielfalt der Klangfarben. Sein Staccato ist bis heute ein echtes Aushängeschild der Französischen Schule. Wie schön, dass es ein paar Aufnahmen seines Spieles gibt.

Ein einziges Problem hatten seine sonst begeisterten Studenten mit ihm:  er, der von der Muse geküsst war, konnte viele Schwierigkeiten nicht so recht nachvollziehen. Jedoch spielte er bereitwillig vor und besaß auch ein außergewöhnliches, legendäres Maß an Geduld.

Hier geht es zum Flötenblog auf der Kulturplattform „Der Leiermann“

 

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Gaubert spielt Saint-Saens …. Interessant, auch wegen des Fotos mit gleich drei großen Flötisten.

Seine vielen Werke sind nicht nur Gelegenheitskompositionen eines „Flötisten-Komponisten“ (heute würde man vielleicht „Singer/Songwriter“ sagen 😉  ), sondern ganz im Stile der Zeit komponierte, großartige Werke von sehr hoher Qualität. Vor allem die drei Sonaten für Flöte und Klavier und die Trois Aquarells für Flöte, Cello und Klavier überzeugen mit sehr farbenreicher Harmonik, geschmeidigen und doch überraschenden Melodiewendungen und ihren sehr brillanten Passagen ohne Virtuosentum sowohl Spieler als auch Hörer.

Natürlich ist diese wunderbare Literatur auch der Zeit und dem Ort geschuldet, an der sie entstand. Eine ungewöhnliche und vermutlich aufregende Zeit war das nämlich!

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Selten entstand so viel Neues, pulsierte das Leben so vielfältig und auf so engem Raum, wie im Paris der „Belle Époque“ und den darauffolgenden „Années Folles“. In der Malerei lösten sich die Künstler von der akademischen Sichtweise. Auch die Komponisten entwickelten sich fort von der Romantik, hin zum Impressionismus (wie immer sind sie etwas später dran als die Maler). Im Kunsthandwerk fegte die Reformbewegung aus England herüber und befreite das Interieure. Die Damenwelt legte ein für alle Mal das Korsett ab, die erste Filmvorführung fand statt und eine weiterentwickelte Farblithographie ermöglichte den kostengünstigeren Plakatdruck. Wie passend, dass Ernst Litfaß einige Jahre zuvor seine Säule erfunden hatte, auf der Toulouse-Lautrecs wunderbare Plakate nun angebracht werden konnten.  Literatur, Philosophie, Architektur, Bildhauerei – alles war infiziert von dieser Lust, diesem Vorwärtsdrang, dieser Schwelgerei in Klang, Bild und Wort.

Dann kam – für uns Flötisten wichtig – noch Theobald Böhm dazu mit seinem neuen Instrument und die Flötenwelt stand Kopf.

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Berlioz hebt an zu seiner berühmten Lobrede auf die Böhmflöte und in ganz Frankreich wenden sich Debussy, Fauré, Roussel, Ibert, Bozza, Jolivet, Kœchlin, Ferroud, Rivier, Honegger und Varèse der Flöte zu. Pauschal gesagt – Muttersprachliches für unser Instrument entsteht. Nie zuvor und nie danach wurde so viel so Schönes in so kurzer Zeit für uns komponiert.

In diesem vermutlich berauschenden Klima lebte und arbeitete auch Philippe Gaubert und beschenkte uns mit drei sehr unterschiedlichen Sonaten, einer sehr expressiven Sonatine, recht vielen kleineren Formen für Flöte und Klavier und einigen kammermusikalischen Werken in größerer Besetzung.

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Das demütigende Hin-und Her am Conservatoire im besetzten Paris und nach dem 2. Weltkrieg musste er nicht lange mitspielen. Denn einen Tag nach der Premiere seines Ballettes Le Chevalier et la Demoiselle starb Philippe Gaubert völlig unerwartet an einem Hirnschlag, nur drei Tage nach seinem 62. Geburtstag.

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