Johann Wolfgang von Goethe
von Kassandra Schwämmle
Johann Wolfgang von Goethe – ein großer Name, der den meisten von uns in der Schule wahrscheinlich in Gestalt von Faust über den Weg gelaufen ist.
Doch Goethes Werk umfasst nicht nur die Geschichte um den sagenumwobenen Gelehrten, sondern auch viele andere bedeutende literarische Stücke, sowie naturwissenschaftliche und philosophische Betrachtungen.
Wer ist der Mann, der als einer der bedeutendsten und einflussreichsten Dichter gilt? Lassen Sie uns gemeinsam eine Reise durch sein Leben unternehmen und dabei auch einen Blick auf sein Werk werfen.
Kindheit in Frankfurt

Johann Wolfgang von Goethe wurde am 28. August 1749 in Frankfurt am Main geboren. Als Sohn einer wohlhabenden und einflussreichen Familie war es dem kränklichen und doch wissbegierigen Knaben möglich, eine umfassende Schulbildung zu erlangen. Schon in jungen Jahren wurde er neben der Schule zusammen mit seiner Schwester Cornelia, zu der er ein inniges Verhältnis pflegte, noch zusätzlich von Hauslehrern unterrichtet.
Da Goethe evangelisch getauft worden war, erhielt er auch evangelischen Religionsunterricht, der ihn aber schon in frühen Jahren langweilte. Er begab sich lieber in die Natur und entwickelte schon früh eine Naturreligiosität aus Beobachtungen, die später in seine philosophischen Betrachtungen Eingang fanden.
Studienzeit
Auf Wunsch des Vaters Johann Caspar Goethe zog der Sohn nach Leipzig, um dort ein Jurastudium zu beginnen. Der junge Goethe jedoch, dem es viel mehr Freude bereitete, sich mit der Dichtkunst zu beschäftigen als sich stur in engen stickigen Räumen mit Gesetzestexten herumzuschlagen, besuchte Poetikvorlesungen, nahm Zeichenunterricht und genoss das Studentenleben in vollen Zügen. Geldsorgen musste er sich nicht machen, sein Taschengeld aus Frankfurt war üppig, sodass er sich regelmäßige Theaterbesuche leisten konnte und viele Kontakte mit bekannten Persönlichkeiten seiner Zeit, wie dem Altertumsforscher und Archäologen Johann Joachim Winckelmann, knüpfen konnte.
Als sich Goethes Gesundheitszustand jedoch verschlimmerte, war er gezwungen nach Frankfurt am Main zurückzukehren, sehr zum Missfallen des Vaters ohne Abschluss.
Zur Genesung wurde der Arzt Dr. Johann Friedrich Metz hinzugezogen, ein guter Bekannter von Goethes Mutter, der wie sie selbst der Herrnhuter Gemeinde in Frankfurt nahe stand. Der Mediziner, der in der hermetisch-alchemistischen Tradition von Paracelsus bis Jakob Böhme ausgebildet war, ermutigte den jungen Goethe sich mit mythischen, alchemistischen und magischen Schriften zu beschäftigen, um sich selbst heilende Tinkturen herstellen zu können.
Beim Studium der Werke unter anderem von Welling, Paracelsus, Heinrich Cornelius Agrippa von Nettesheim und noch einigen mehr, stolperte Goethe auch zum ersten Mal über die Legende um den historischen Dr. Faust. Erste Ideen zu einem Werk über den berühmten Alchemisten und Gelehrten entstanden. Goethe beschloss zudem seinem Protagonisten den Vornamen von Nettesheim zu geben.
Neben der Beschäftigung mit den alchemistischen Werken näherte er sich der Herrnhuter Gemeinschaft an. Er beschäftigte sich verstärkt mit der evangelischen Lehre und versuchte diese mit seinem aus der Kindheit durch Naturreligiosität geprägtem Weltbild zu vereinen. Eine Weile fühlte er sich wohl und konnte einige innige Freundschaften knüpfen, wie beispielsweise zu Susanna Katharina von Klettenberg, welche später zur Vorlage der „Bekenntnisse einer schönen Seele“ im sechsten Buch von Wilhelm Meisters Lehrjahre wurde.

Doch die profane Morallehre ohne anschauliche und festliche Fülle, wie Goethe es selbst nannte, und die verbohrte Fixierung auf die Erbsünde und übersteigerte Jesusliebe stießen den jungen Dichter immer mehr ab. Als er schließlich nach Straßburg zog, um dort sein Studium zu beenden, brach er endgültig mit der Herrnhuter Gemeinschaft, auch wenn ihm die Frau von Klettenberg eine wertvolle (Brief-) Freundin blieb.
Während des Studiums und der Arbeit an seiner Dissertation begann Goethe sich mit Baukunst zu beschäftigen, da ihn die Stadt im Elsass mit ihrer Architektur sehr faszinierte. In Straßburg erlebt der junge Dichter eine unbeschwerte Zeit.
Auch hier konnte der vor Tatendrang sprühende junge Student zahlreiche Freundschaften und Bekanntschaften knüpfen, darunter zum Kulturphilosophen und Dichter Johann Gottfried Herder. Dieser brachte ihn zu Homer, Shakespeare und Ossian und zur Volkspoesie, die der Wissensdurstige auch fleißig studierte.
Auch beschäftigte sich Goethe, als Reaktion auf die Auseinandersetzung mit der evangelischen Lehre, mit der Schaffenskraft, die dem Menschen innewohnt. Im Fokus stand das Vertrauen auf das eigene Talent, den eigenen Genius, die Offenbarung durch eine inspirierte Naturerkenntnis, nicht das Warten auf Eingebung durch eine göttliche Macht, wie er es in der evangelisch-christlichen Lehre sah. Aus diesen Überlegungen entstand das Werk Prometheus, in dem sich der Protagonist gegen die Götter erhebt und über sie spottet.
Im Jahre 1771 beendete Goethe sein Studium und machte sich mit abgeschlossener Dissertation wieder auf den Weg nach Frankfurt/Main.
Frankfurt / Wetzlar / Darmstadt

Wieder in der alten Heimat angelangt, eröffnete der frisch gebackene Jurist eine kleine Anwaltskanzlei, die er aber nur halbherzig und vor allem für den Vater betrieb. Das Dichten war immer noch das wichtigste und angenehmste.
So begann er mit der Arbeit am Götz von Berlichingen, das nach der Veröffentlichung im Selbstverlag großen Erfolg hatte und Goethe über Nacht berühmt machte.
Auf Drängen des Vaters nahm Goethe trotzdem eine Praktikumsstelle im Reichskammergericht in Wetzlar an, schrieb aber nebenher Rezensionen für die Frankfurter Gelehrten Zeitung. Er beschäftigte sich viel mit dem Begriff der Ästhetik, in der er vor allem die Nachahmung der Natur in der Kunst assoziierte. Gleichzeitig markierte die Beschäftigung mit diesem Themenbereich den Beginn des Sturm und Drang, in dessen Zug sich Goethe eine Weile dem Darmstädter Kreis der Empfindsamen um Johann Heinrich Merck anschloss.
In Gesellschaft zahlreicher Literaten und Dichter fühlte sich Goethe wohl, er hatte Menschen um sich, die ihm in seiner Neugier und in seinem literarischen Schaffen ähnlich waren.
In dieser Zeit entstand auch der Stoff für Die Leiden des jungen Werthers. Goethe verliebte sich in Charlotte Buff, die aber nur an einer Freundschaft interessiert war und ihn ebenso sanft aber bestimmt zurückwies wie Lotte den jungen Werther.
Der junge Dichter kam in Kontakt zu Johann Caspar Lavater, einem Schweizer Theologen und Philosophen, mit dem er sich, trotz einiger Meinungsverschiedenheiten Zeit seines Lebens austauschte und der ihm ein guter Freund und Mentor wurde. Angeregt durch Gespräche mit Kirchengelehrten beschäftigte sich Goethe vermehrt mit Philosophie und entdeckte die Lehren Spinozas für sich. In dessen pantheistisches Lebensbild fand sich der Dichter wieder, sodass er einmal seinem Schweizer Mentor schrieb, er sein kein Christ, sondern Pantheist.
1775 verlobte sich Goethe mit Lili Schönemann, einer jungen Bankierstochter, die er bei einem Hauskonzert in Frankfurt kennengelernt hatte.
Da die beiden Elternhäuser einer Verbindung der beiden ablehnend gegenüber standen und Goethe, trotz großer Liebe für Lili sich von der Beziehung eingeengt fühlte, wurde die Verlobung gelöst und der junge Dichter floh regelrecht nach Weimar, um die Einladung des Fürsten von Sachsen-Weimar-Eisenach anzunehmen. Doch noch im hohen Alter und in Dichtung und Wahrheit sprach Goethe von Lili als seine vielleicht einzige wahre große Liebe.
Weimar (ab 1775)

In Weimar trat Goethe in den Dienst des Fürsten Carl-August, der nur ein paar Jahre jünger war als er selbst. Gemeinsam erlebten sie eine wilde, unbeschwerte Zeit, in der eine tiefe Freundschaft zwischen den beiden Männern entstand.
Nach Wünschen der Herzogmutter Anna Amalia sollte Weimar kulturell bedeutender werden und sich weiter entwickeln.
Aus diesem Grund bot der Fürst Goethe eine Tätigkeit in Staatsdiensten an, die der Dichter nach kurzem Zögern annahm.
In dieser Zeit lernte Goethe auch Charlotte von Stein kennen, mit der er sich in unzähligen Briefen austauschte und die ihn ein Leben lang als treue Freundin begleiten sollte.
Als Staatsdiener war er zuständig für die Wegbaukommission und die Kriegskommission, auch versuchte er, die Schulden des Fürstentums zu verkleinern, was ihm teils durch Einsparungen gelang.
Goethe konnte oftmals Inspiration und seine Beamtentätigkeit verbinden. So unternahm er beispielsweise eine Reise in den Harz, bei der er die Silberbergwerke bei Ilmenau für eine Erschließung begutachten sollte. Aus seinen Naturbeobachtungen und der Besteigung des Brockens zog er schöpferische Kraft. Im Jahre 1780 begann er dann auch mit seinen naturwissenschaftlichen Studien. Überhaupt reiste der Dichter viel, teils in herzoglichem Auftrag, teils um Freunde und Bekannte zu besuchen, aber auch um Land und Leute kennen zu lernen.
Das Leben als Beamter des Fürsten nahm Goethe immer mehr in Beschlag, wobei oftmals die Erfolge seiner Unternehmungen und Projekte ausblieben. Auch literarisch steuerte der Dichter auf eine Krise zu, er begann ein paar umfangreichere Werke, doch blieben sie immer wieder liegen, ein Abschluss wollte ihm nicht gelingen, er verspürte immer mehr eine Unvereinbarkeit seines Beamten und Dichterdaseins.
So beschloss er, eine Reise zu unternehmen.
Italienische Reise
Goethe selbst bezeichnete seine Reise nach Italien, dem Sehnsuchtsort seit früher Jugend, als eine Flucht vor der erdrückenden Enge seiner dichterischen Freiheit in Weimar. Für ihn war die Reise in den Süden, in das Land, in dem die Renaissance ihren Ursprung hatte, ebenso eine Suche nach Erneuerung und Wiedergeburt. Und tatsächlich fand der Dichter seine Begeisterung für Kunst und die Natur wieder.

Er begann wieder Gedichte zu verfassen und Abhandlungen wie beispielsweise über die Architektur zu schreiben.
Schließlich erreichte er Rom, wo er bei dem Maler Johann Heinrich Wilhelm Tischbein unterkam, der auch das berühmte Gemälde Goethe in der Campagna malte. Er beendete seine lange liegengebliebenen Werke wie den Torquato Tasso und den Egmont.
Von der italienischen Hauptstadt aus reiste er nach Sizilien, bestieg den Vesuv und erlernte, wieder in Rom zurück, das perspektivische Zeichnen.
Der Dichter genoss das südliche Leben in vollen Zügen, sogar eine Geliebte soll er in Rom gehabt haben, die ihn zu den Römischen Elegien inspirierte.
Schließlich musste aber auch der Dichterfürst dem Ruf seines Herzogs wieder in die Heimat folgen und er kehrte nach fast anderthalb Jahren nach Weimar zurück.
Wieder Weimar
Trotzdem Goethe, wie er selbst an Carl-August schrieb, wiedergeboren und mit neuer Jugend erfüllt nach Weimar zurückkehrte, gab er sich tatkräftig aber mürrischer, noch launischer und zugeknöpfter als man ihn bisher schon kannte.
Das änderte sich erst als eine junge Frau, die als Bittstellerin für ihren in Geldnöten geratenen Bruder bei dem Dichterfürsten vorspricht. Ihr Name war Christiane Vulpius, in die sich Goethe rasch sehr verliebte. In den ersten Monaten wurde die Beziehung der beiden noch geheim gehalten. Doch schließlich wurde sie Goethes erste und einzige Ehefrau und gebar ihm mehrere Kinder, von denen aber nur der erstgeborene Sohn August das Erwachsenenalter erreichte.
Gleichzeitig verschlechterte sich seine (platonische) Beziehung zu Charlotte von Stein, doch die Freundschaft der beiden brach nie auseinander, auch wenn sich der Ton in den Briefen merklich abkühlte.

Ein weiteres einschneidendes Jahr in Goethes Leben markiert 1789. Der junge Johann Christoph Friedrich (von) Schiller kam nach Weimar. Berühmt geworden durch sein Stück Die Räuber suchte der junge Dichter neue Herausforderungen und altem Zank zu entgehen.
Die beiden Dichter, Goethe und Schiller, beäugten sich anfangs sehr misstrauisch.
Schiller, obgleich ein großer Verehrer der Werke Goethes, konnte mit der oftmals herablassenden Art des anderen nichts anfangen.
Er bezeichnete den Dichterfürsten, nicht ohne Neid, als einen vom Schicksal Begünstigten, der stets genug Mittel zur Verfügung hatte.
Doch die gemeinsame Sichtweise auf die in Frankreich losbrechende Revolution und die Ideen zur Freiheit brachte die beiden zusammen. So entstand eine Freundschaft, die für die Weimarer Klassik prägend sein sollte. Sie unterstützten sich gegenseitig bei Projekten.
So schrieb Goethe einige Beiträge zu den von Schiller herausgegebenen Horen, eine Literaturzeitschrift, die sich die Bildung des Publikums auf die Fahnen geschrieben hatte. Man arbeitete auch gegenseitig in der kritischen Betrachtung beim Entstehen und vor Veröffentlichung befindlichen Werke zusammen. So stand beispielsweise Schiller seinem Freund, der in seinem Wilhelm Meister nicht weiter wusste, mit Rat zur Seite.
Die Revolution und ihre Wirren machten auch nicht vor dem Fürstentum Sachsen-Weimar-Eisenach halt und so zog Goethe im Tross von Carl-August 1792 an der Seite von Preußen –Österreich gegen Frankreich in den Krieg.
Um die Eindrücke der Kämpfe verarbeiten zu können, flüchtete sich Goethe wie früher schon, in Naturbeobachtungen und Poesie. Er begann seine Arbeiten an der Optik und der Farbenlehre, für die seine ersten Ideen schon bei der Harzreise entstanden sind.
Auch am Stoff des Fausts arbeitete er immer wieder, schrieb Szenen und feilte an der Geschichte, brachte neue Gedanken und Erfahrungen mit ein.
Nach der Rückeroberung der von Franzosen besetzten Stadt Mainz kehrte Goethe wieder nach Weimar zurück. Dort genoss er das Familienleben nach den Eindrücken des Krieges umso mehr und pflegte Freundschaften, verarbeitete aber auch das schrecklichste aller Ereignisse, wie er die Revolution und die nachfolgenden militärischen Konflikte selbst nannte, in Poesie und Naturforschungen.
Anfang des 19. Jahrhunderts dann starben einige langjährige Wegbegleiter. Erst 1803 Herder, dann 1805 Schiller.
Goethe selbst flüchtete sich, tief betroffen, in die Arbeit und vollendete im Jahre 1807 schließlich Faust I.
Auch reiste er weiterhin gern, beispielsweise an Rhein, Main und Neckar entlang und besuchte alte Freunde.

Aus der platonischen Liebesbeziehung zu Marianne Jung und der Beschäftigung mit dem persischen Dichter Hafis entstand der West-östliche Divan. In dieser Zeit begann er auch alte Aufzeichnungen und Briefe zu sortieren und ab 1811 an seine Autobiographie Dichtung und Wahrheit zu schreiben, die er erst kurz vor seinem Tode im Jahre 1831 ebenso wie den Faust II publizierte.
Seine Frau überlebte er, ebenso wie seinen Herrn Fürst Carl-August, sogar sein Sohn August starb vor Goethe. Dies brachte ihn dazu, sich über Unsterblichkeit Gedanken zu machen und bereicherte seine philosophischen Schriften.
Auch in seinem hohen Alter ließ sich Goethe stets von seiner Neugier treiben und beschäftigte sich mit naturwissenschaftlichen Themen ebenso wie mit der (Welt-) Literatur seiner Gegenwart. Ebenso ließ seine Begeisterung für das weibliche Geschlecht nie nach und aus seinen zahlreichen Verliebtheiten, wie er es selbst nannte, zog er Kraft und Inspiration. Davon zeugen in seinen späten Jahren die Marienbader Elegien, die er schrieb, nachdem er sich in die mehr als 45 Jahre jüngere Ulrike von Levetzow verliebt hatte.
Am 22. März 1832 starb dieser außergewöhnliche Dichter in Weimar.
Wer war nun Goethe? Nicht nur war er ein bedeutender Literat seiner Zeit, dessen Werke auch heute noch weltberühmt sind. Er war auch Naturforscher, Philosoph und nicht zuletzt auch ein Staatsdiener im Dienste Carl-Augusts. Ein Mann mit einem wachen und vor allem neugierigen Geist, der nie aufhörte, den Dingen auf den Grund zu gehen, von vielem inspiriert wurde und selbst viele inspirierte, bis heute. Goethe war einer der großen und wichtigen für unsere Kultur und lebt in seinen zeitlosen Werken fort.

Altweibersommer –
ein Buch der Leiermann-Autorinnen und -Autoren
Mit Texten zu einer besonderen Zeit.

Sommerfrische –
ein Buch der Leiermann-Autorinnen und -Autoren
Texte über den Sommer, wie er in vergangenen Zeiten verbracht wurde.