Jolivets Incantations für Flöte solo

 

von Anja Weinberger

Der Komponist André Jolivet (1905-1974) ist nicht einfach zu fassen, seine Musik entzieht sich jeglicher Einordnung. Obwohl er über 200 Werke für alle Gattungen schrieb und dabei ständig auf der Suche nach neuen Wegen war, scheint dennoch ein großes Thema sein Werk zu beherrschen: Humanismus in einer vielfältigen Welt.

Nach der Ausbildung zum Grundschullehrer begann er zunächst seinen erlernten Beruf auszuüben. Jedoch nahm er gleichzeitig Unterricht in Komposition und Orchestrierung.

Sein Elternhaus war durchaus künstlerisch geprägt. Das Klavier und bald auch das Cello hatte er früh für sich entdeckt, genauso wie er malte, Gedichte schrieb und Theater spielte.

Die Begegnung mit Edgar Varèse im Jahre 1929, der zu dieser Zeit schon in den Vereinigten Staaten lebte, bewegte viel. Jolivet wurde Varèses einziger europäischer Schüler und dieser war ihm sowohl in musikalischer, als auch in philosophischer Hinsicht ein guter Lehrer.

Ab dem Jahre 1935 nahm seine musikalische Karriere Fahrt auf. 1936 gründete er gemeinsam mit Messiaen, Daniel-Lesur und Baudrier die Gruppe La Jeune France.

Der 2. Weltkrieg prägte auch ihn und ab 1942 konnte er sich endlich mit Hilfe eines Stipendiums ganz der Komposition widmen. In den Folgejahren war Jolivet zeitweise Musikalischer Direktor der Comédie-Française, leitete das Centre Français d’Humanisme Musical, unterrichtete als Nachfolger von Darius Milhaud Komposition am Conservatoire de Paris und unternahm zahlreiche Auslandsreisen.

Er war technischer Berater von André Malraux in der Direction générale des arts et lettres des Kultusministeriums, Präsident zahlreicher kultureller Vereinigungen und wurde bis zu seinem Tod im Jahre 1974 mit Preisen überhäuft.

So die Fakten. Seine Musik spricht eine andere Sprache. Hier ist er nicht Pariser Intellektueller, sondern eher demütiger Weltenbürger mit einer mehrsprachigen, weit ausgreifenden Musikalität.

Wir Flötisten haben mit den 5 Incantations ein herausforderndes, klanggewaltiges und sehr ergreifendes Beispiel seiner Tonsprache auf dem Notenständer liegen. Jede einzelne der 5 Beschwörungsformeln fordert viel. Technik, Ton, Atemführung, alles wird bis zum Äußersten beansprucht.

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Schon die fünf Satzüberschriften lassen uns eintauchen in eine andere Welt:

  1. Pour accueillir les négociateurs – et que l’entrevue soit pacifique
  2. Pour que l’enfant qui va naitre soit un fils
  3. Pour que la moisson soit riche qui naitra des sillons que le laboureur trace
  4. Pour une communion sereine de l’être avec le monde
  5. Aux funérailles du chef – pour obtenir la protection de son âme

Eine ungefähre Übersetzung könnte so lauten:

  1. Um die Unterhändler zu empfangen und damit die folgenden Gespräche friedlich verlaufen
  2. Möge das bald geborene Kind ein Sohn sein
  3. Damit die Ernte auf dem vom Bauern bestellten Feld reich werde
  4. Damit der Mensch mit der Welt im Einklang lebe
  5. Zur Totenfeier des Oberhauptes – um Schutz für seine Seele zu erbitten

5 Incantations: No. 1, Pour accueillir les négociateurs – et que l’entrevue soit pacifique

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5 Incantations: No. 2, Pour que l’enfant qui va naître soit un fils

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André Jolivet – Incantation Nº 3 – Jean-Pierre Rampal

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5 Incantations: No. 4, Pour une communion sereine de l’être avec le monde

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5 Incantations: No. 5, Aux funérailles du chef – pour obtenir la protection de son âme

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Anlässlich dieses Werkes ein Zitat Jolivets: »Die Flöte ist das Musikinstrument schlechthin. Sie ist doch vom Atem belebt, der aus der Tiefe des Menschseins strömt und den Tönen das verleiht, was aus den Eingeweiden kommt und zugleich das Kosmische meint.«

Jean-Pierre Rampal, für den Jolivet das andere großartige Werk für Flöte  – Chant de Linos – komponiert hatte, war einer der Ersten, der die Incantations regelmäßig in seinen Konzerten spielte.

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