Ist es wirklich so, dass wir mit den Armen fühlen? Haben wir wirklich Mitgefühl und teilen, wenigstens für Augenblicke, ihr Leid? Legt uns denn unsere Zeit nicht vielmehr nahe, sie als moralisch anrüchig zu empfinden? Im Grunde selbstverschuldet in ihr Elend gerutscht und daher mit einem Makel behaftet?
Rezensionen
Mein Jahr in der Niemandsbucht
Peter Handke scheint wie aus der Zeit gefallen. Ein Sänger aus früheren Tagen, einsam und unverstanden, der hier sein Lied anschlägt und mit leiser Stimme singt.
Fahrenheit 451
Ein Großteil der Bücher, die sich mit der Zukunft beschäftigen, ist im besten Fall kurios. Nicht jedoch Ray Bradburrys Roman!
Unterm Birnbaum
Theodor Fontane schrieb keinen klassischen Kriminalroman, sondern er schuf ein düsteres Gemälde, in dem er zeigt, was ein Verbrechen mit den Menschen macht und wie sehr es sie verändert. Bis zum bitteren Ende. Eines der wenigen Werke der Kriminalliteratur, das ich gelesen habe und uneingeschränkt empfehlen kann.
Grashalme
Whitmans Grashalme sind ein einziger, großer Gesang auf das Ich. Auf ein Ich, das von Freiheit singt. Von der Freiheit, alles aufzunehmen und abzubilden, das ihm begegnet, diesen ganzen wirren Kosmos, der sich Leben nennt.
Eine ganz gewöhnliche Ehe
Vielleicht stimmt es und Odysseus konnte wirklich nicht lieben. Vielleicht war er nur der listenreiche Held vor Troja, aber mit gelähmter Zunge dort, wo es wirklich wichtig war. Vielleicht aber war er auch einfach nur müde. Müde immer und immer wieder Beweise seiner Liebe bringen zu müssen.
Die Eleganz des Igels
Muriel Barberys wunderbar einfühlsame Geschichte rund um eine Concierge, die so ganz anders ist, als jeder glaubt. Absolut zu empfehlen!
Der Pate
Jahrhundertelang glaubten die Menschen an die Mär vom Wolf als wilder Bestie. Der unser aller Leben bedroht und der selbst in einer Welt voller Gewalt und Brutalität lebt, in der nur das Recht des Stärkeren zählt.
Die Raben
Es ist eine meiner schönsten Erinnerungen.
Ich war wieder in den Bergen, auf den staubigen Pfaden, die ich so liebte. Bald schlug ich mich seitlich durchs Gestrüpp, kletterte entlang eines trockenen Bachbettes bergan und kam schließlich an eine unberührte Schneefläche, die hier oben den Sommer überdauerte.
Hölderlins Gedichte
„Das Angenehme dieser Welt hab ich genossen,
Der Jugend Stunden sind, wie lang! wie lang! verflossen,
April und Mai und Junius sind ferne,
Ich bin nichts mehr, ich lebe nicht mehr gerne!“ Doch manchmal packt mich der Grimm und ich wünsche mir, wir würden uns ermannen. Spricht nicht ein Dichter vom Mut der Menschen im Angesicht ihres Endes? Von ihrer Verzweiflung und ihrer Kraft, die daraus erwächst?
Otto Desbalmes
Otto Desbalmes, der Protagonist des hier vorliegenden Werkes von Ingrid Haslinger, hatte als Hofkoch dabei besonders viel Macht inne. Appetit und Wohlbefinden sind untrennbar miteinander verbunden, und so konnte eine besonders gute Mahlzeit im Grunde das politische Geschehen beeinflussen. Ebenso hatte das Küchenpersonal die Gesundheit des Monarchen in der Hand.
Herr und Hund
Eine der schönsten Erzählungen von Thomas Mann. »Herr und Hund«, eine Geschichte über das Leben, die einen ganz unbekannten Thomas Mann zeigt.
Victor Hugo – ein Denkmalschützer
Die großen Gebäude sind gleich den großen Gebirgen ein Werk der Jahrhunderte. Oft wandelt sich die Kunst, während sie noch im Entstehen sind; die Arbeit wird im Sinn der neuen Zeit friedlich weitergeführt. Die verwandelte Kunst übernimmt das Werk, wie sie es findet, überkleidet es, paßt sich ihm an, führt es nach ihren Empfindungen weiter und bemüht sich, es zu vollenden.
Klingsors letzter Sommer
Wenn es draußen kalt ist, wenn der eisige Wind an den Läden rüttelt und es stürmt und schneit, dann schweifen meine Gedanken unweigerlich ab und ich träume wieder vom Sommer. Ich denke an den letzten Sommer, der erst vor ein paar Wochen zu Ende ging (Ist früher die Zeit auch so schnell verflogen? Wohin enteilt bloß die Zeit, wenn wir nicht hinsehen?).
Das Bildnis des Dorian Gray
Ist es heute nicht seltsam leicht geworden, sich hinter einer Maske zu verbergen? Durchs Leben zu laufen, ohne jemals wirklich man selbst zu sein?
Denn wichtig ist nicht mehr, wer wir sind. Wichtig scheint nur noch, wen wir darstellen.
Und so werden wir langsam zu den Masken, die wir tragen.
Ein jeder von uns.
Bis wir niemand mehr sind.
Der Steppenwolf
Warum wird Hermann Hesse oft als Autor der Jugend bezeichnet? Wo er doch viel mehr ist und uns auf allen Stufen viel Wichtiges zu sagen hat. Der Steppenwolf war das erste „richtige“ Buch, das ich in meiner Jugend las. Ich weiß noch genau, wie es mir ein Banknachbar unter dem Tisch zuschob und dabei flüsterte, dass ich diesen Band unbedingt lesen müsse, denn darin sei „die Wahrheit“.
Hesse
Hermann Hesse, der schon als 13-Jähriger »entweder ein Dichter oder gar nichts werden« wollte schrieb Zeit seines Lebens auch Gedichte. Aber es stimmt, dass ich mit Poesie meist überfordert bin und mich dann schnell langweile. Es ist die gedrängte Sprache und die Dichte der Bilder und Gefühle, die sie transportieren, die mir als Liebhaber weitschweifiger Prosa das Gefühl geben, dass hier zu viel in zu kurze Zeit gedrängt wird.
Kater Murr
Eines Tages erzählte er voll Begeisterung von einem Buch, das die Welt aus der Sicht eines Katers schilderte. Und davon, wie sehr es ihn beeindruckt hatte und wie lustig es im Grunde war.