Marie

Taglioni

 

von Anja Weinberger

Marie Taglioni (1804-1884) wurde väterlicherseits in eine bekannte italienische Großfamilie voller Tänzer und Choreografen hineingeboren. Die Familie ihrer schwedischen Mutter, selbst auch Ballerina, bestand hauptsächlich aus Malern und Musikern. Marie kam in Stockholm zur Welt, wo ihr Vater Filippo Taglioni eine Anstellung als Erster Tänzer und Ballettmeister am Königlichen Opernhaus hatte.

Das kleine Mädchen war also von Anfang an von Kunst und Musik umgeben. Einige Jahre später, sie bekam bereits Ballettunterricht, empfahlen ihr ihre Lehrer wegen eines beginnenden Buckels aufs Tanzen zu verzichten. Ab diesem Augenblick übernahm der Vater die Ausbildung des Töchterchens. Er führte ein recht strenges Regiment voller technischer Übungen und erreichte damit nicht nur eine Begradigung des Rückens, sondern auch eine allgemeine Kräftigung des Körpers. Strenges Training war im Bereich des Ballettes damals nicht üblich, aber der Erfolg sollte ihm Recht geben.

Denn Marie Taglioni wurde der allererste Star der Tanzszene. Gemeinsam mit ihrem Vater, der ihr die Rollen auf den Leib choreografierte, feierte sie triumphale Erfolge. Ihr Debüt gab sie 1822 am Kärntnertortheater in Wien, danach tanzte sie in Stuttgart und schließlich in Paris. Dort hatte 1832 das Ballett La Sylphide Premiere, das einen Wendepunkt in der Ballettgeschichte darstellt. La Sylphide gilt als erstes romantisches Ballett, zum ersten Mal tanzte Marie auf der Spitze und auch das weiße Kleid mit langem Tüllrock, das Marie als Sylphide trug, ist bis in unsere Zeit hinein ein typisches Ballettkostüm geblieben. Diese Rolle machte Marie Taglioni zur berühmtesten Primaballerina ihrer Zeit und ihren Vater zu einem sehr gefragten, gefeierten Choreografen.

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Durch ihr regelmäßiges Training hatte sie Kraft und Ausdauer erworben, die ihr eine bis dahin unbekannte scheinbare Leichtigkeit der Bewegung ermöglichten.

»Mademoiselle Taglioni ist keine Tänzerin, sie ist ein Geist der Luft, sie ist Ariel in Person, eine Tochter des Himmels« schrieb Berlioz in einem Brief an einen Freund. Und Theophile Gautier schwärmte: »…einer der größten Poeten unserer Epoche; […] sie ist keine Tänzerin, sondern der Tanz selber

Für das Publikum der damaligen Zeit muss der Anblick dieses über die Bühne schwebenden Wesens unglaublich gewesen sein – für uns heute schwer vorstellbar. Die Tänzerin Marie Camargo hatte schon um 1730 als erste Frau einen absatzlosen, schlanken, beweglichen Tanzschuh eingeführt, um besseren Kontakt zum Boden und mehr Freiheit zu haben; Spitzenschuhe gab es jedoch noch nicht. Marie erhob sich alleine durch die Muskelkraft ihrer trainierten, kräftigen Füße auf die Spitze.

Trotz einer kurzen, unglücklichen Ehe und zweier Kinder tanzte Marie weiter. Stationen der folgenden Jahre waren London, Sankt Petersburg, Warschau, Stockholm, Mailand und viele andere italienischen Opern-häuser.

Plakette in London mit falschem Geburtsdatum © privat

Eine kuriose Choreografie entstand 1845. Jules Perrot ersann das Ballett-Divertissement Pas de Quatre für die vier damals berühmtesten Ballerinen, angeführt von Marie Taglioni. Eine feste Auftritts- und Applausordnung wurde be-nötigt, um die rivalisierenden Damen zu befrieden.

Maries letzter Auftritt als Tänzerin fand 1847 in London statt, und nach einigen Jahren der Ruhe am Comer See, während derer ihr Vater starb, arbeitete sie als Ballettlehrerin an der Pariser Opera. Dort schuf sie ab 1860 eigene Choreo-grafien. Tragischerweise erlag 1863 die von ihr protegierte junge Tänzerin Emma Livry den Verletzungen, die sie sich beim Brand ihres Kostümes zuzog.

Die letzten Lebensjahre verbrachte die erste Spitzentänzerin der Ballettgeschichte in London und schließlich in Marseille bei ihrem Sohn. Marie Taglioni starb 1884, einen Tag vor ihrem 80. Geburtstag.

 

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