Melitta Kaffeefilter

von Thomas Stiegler

Melitta Kaffee-filter

von Thomas Stiegler

Um 1900 war der Genuss von Kaffee schon lange kein Luxus mehr. Denn für viele Menschen gehörte er ebenso zum Tag dazu wie die Mittagssuppe oder das Tischgebet.

Aber obwohl er sich immer größerer Beliebtheit erfreute, war seine Zubereitung doch alles andere als ausgereift. Denn das Kaffeepulver wurde einfach in einen Topf mit Wasser geleert, das Ganze zum Kochen gebracht und vor dem Servieren durch ein Sieb gegossen, das den Kaffeesatz zurückhalten sollte.

Dafür verwendete man entweder einen Stoffbeutel (der allerdings mit der Zeit muffig zu riechen begann) oder Siebe aus Keramik und Metall. Aber auch diese waren nicht optimal, denn waren sie zu großporig, landete das Kaffeepulver in der Tasse, verwendete man hingegen Siebe mit zu kleinen Löchern, dann verstopften diese schnell und mussten andauernd gereinigt werden.

Außerdem fand sich zum Schluss, egal welche Methode man anwendete, immer etwas krümeliger und bitter schmeckender Kaffeesatz in der Tasse.

© pixel2013

Ein Umstand, mit dem sich die selbstbewusste Hausfrau Melitta Bentz nicht mehr abfinden wollte.

Zu ihrer Zeit, in den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts, wurde schon mit Löschpapier experimentiert, das man anstatt der Textilfilter verwenden konnte.

Doch das Verfahren war noch sehr aufwendig, denn man musste das Papier selbst zuschneiden und dann richtig in der Kanne einpassen.

So begann Melitta Bentz in Eigenregie nach einer besseren Lösung zu suchen.

Einer ihrer Versuche bestand darin, in einen Messingbecher kleine Löcher zu stanzen und darauf Löschpapier aus dem Schulheft ihres Sohnes zu legen. Den Becher setzte sie anschließend auf eine Kanne, befüllte ihn mit Kaffeepulver und goss mit heißem Wasser auf.

Das Ergebnis war überwältigend. „Das Aroma des Filtrats erwies sich als köstlich und bekömmlich. In dem Papier blieben neben dem Mahlgut auch die Öle der gerösteten Bohnen zurück. Damit schmeckte der Kaffee nicht mehr so bitter.“ [1]

Bestärkt durch die positiven Reaktionen ihrer Freunde wagte sie den für ihre Zeit ungewöhnlichen Schritt und gründete unter ihrem eigenen Namen ein Unternehmen.

Im Sommer 1908 lässt sie dazu beim Kaiserlichen Patentamt zu Berlin den „Kaffeefilter mit nach unten gewölbtem, mit einem Abflussloch versehenen Boden und lose einliegendem Siebe“ in die Gebrauchsmusterrolle eintragen, also patentieren.

Und im Herbst desselben Jahres wurde dann das Unternehmen Melitta Kaffeefilter mit einem Startkapital von nur 73 Pfennigen gegründet.

Erster Firmensitz war die Wohnung der Familie in Dresden und die ersten Mitarbeiter waren ihr Ehemann Emil Hugo und die beiden Söhne.

Von nun an wurde eifrig gehämmert und gebohrt, anschließend die gesäuberte und fein verpackte Ware im Bollerwagen zum nächsten Postamt gebracht und an Kunden im ganzen Deutschen Reich versandt.

© subarasikiai

Und bald sollten sich auch die ersten Erfolge einstellen.

Nachdem 1910 der erste Rundfilter aus Aluminium hergestellt wurde, gewann man mit diesem „Melitta Filtrierapparat“ noch im selben Jahr die goldene Medaille der Internationalen Hygieneausstellung in Dresden.

„In den Anfangsjahren war die Neuheit dennoch erklärungsbedürftig“, berichtet Martin Möcking. „Ähnlich wie bei den Staubsaugern der Marke Vorwerk zogen Vorführdamen übers Land, um das Produkt anzupreisen.“ 4

Zu Beginn des Ersten Weltkriegs hatte das Unternehmen mit dem Überleben zu kämpfen, denn Papier wurde streng rationiert und der Kaffeeimport vollständig verboten.

Doch nach dem Ende des Krieges wuchs das Unternehmen rasant.

Schon 1920 musste man zusätzliche Gebäude kaufen und in den nächsten Jahren wurden mehr als 100.000 Filter produziert. 1929 schließlich zog das Unternehmen ins ostwestfälische Minden, da sich in Dresden keine geeigneten Produktionsräume mehr finden ließen.

Die Nachfrage nach den Produkten war mittlerweile so groß, dass 80 Arbeiter in Doppelschichten arbeiten mussten, um alle Aufträge zu erledigen.

Heute ist die „Melitta Unternehmensgruppe Bentz KG“ ein internationales Unternehmen mit mehr als 4000 Beschäftigten, das in erster Linie von Melittas Urenkel Jero Bentz geleitet wird.

Ein unglaublicher Siegeszug für eine Idee, die einst in der Küche einer einfachen Hausfrau begann, mit einer kleinen Blechbüchse und einigen Blättern Löschpapier aus den Schultaschen ihrer Söhne.

Quellenangabe

1 … https://www.welt.de/print/die_welt/wissen/article171383510/Wie-ein-Vorname-zur-Weltmarke-wurde.html

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