Mozarts Werke für Flöte
von Anja Weinberger
Mozarts Werke nehmen nach wie vor eine sehr exponierte Stellung ein innerhalb der Flötenliteratur. Kein Probespiel, bei dem nicht eines der beiden Konzerte verlangt wird, kaum ein Wettbewerb, bei dem nicht eines als Pflichtstück erscheint. Auch bei der Aufnahmeprüfung an einer Musikhochschule – Mozart.
Was alles gibt es denn eigentlich von ihm für uns Flötisten?
Da sind zum einen die 6 Sonaten KV 10 – 15. Allerdings sind das Klaviersonaten mit einer obligaten Violinstimme, die man erst nach kleineren Bearbeitungen auf der Flöte spielen kann. Dem Titelblatt der Erstausgabe entnehmen wir: „Six Sonates pour le Clavecin qui peuvent se jouer avec l’accompagnement de Violon ou Flaute Traversiere“. Will man diese Solostimme dann auf der genannten Flaute spielen, stellt man fest, dass manches für unsere Flöte zu tief ist und auch einige Doppelgriffe vorkommen. Es muss also oktaviert werden und der eine oder andere Ton auch weggelassen.
Dann gibt es die wunderschönen Quartette für Flöte, Violine, Viola und Violoncello.
Das in D-Dur (KV 285) wurde 1777 bei Mozarts Aufenthalt in Mannheim komponiert. Das A-Dur-Quartett (KV 298) entstand Ende 1786 in Wien.
Die beiden anderen Quartette KV 285a und 285b werden von musikwissenschaftlicher Seite nicht sicher anerkannt, wir spielen sie aber ebenso gerne, wie die beiden vorher genannten.
Auch in Mozarts Orchesterwerken ist die Flöte oft besetzt, z.B. in der Haffner-, der Jupiter – und der Prager Sinfonie.
Und dann gibt es noch die Flötenkonzerte.
Eine echte Ausnahmestellung hat dabei das Konzert KV 299 für Flöte und Harfe in C-Dur inne. Mozart komponierte es, vermutlich 1778, für den begabten Amateurflötisten Adrien-Louis Bonnières de Souaster und seine harfespielende Tochter Marie-Adrienne. Damals konnte man auf der Harfe nicht chromatisch spielen, denn die Doppelpedalharfe gab es in der heutigen Form noch nicht. Deshalb wohl die doch eher seltene Tonart und dementsprechend schlicht musste die Harfenstimme im Ganzen gehalten werden. Nur Mozart konnte unter jenen Voraussetzungen so ein grandioses, unaufgeregtes, aber äußerst musikantisches Meisterwerk erschaffen. Sucht man nach Einspielungen dieses Konzertes, so stößt man immer auf Kombinationen mit anderen Besetzungen, denn ein weiteres – mir bekanntes – Werk für Flöte, Harfe und Orchester gibt es nicht. Schön finde ich dann die Kombination mit der Concertante für Violine, Harfe und Orchester von Louis Spohr, denn dieser hat für unser C-Dur-Konzert eine sehr schöne Flöten-Kadenz geschrieben.
Das Flötenkonzert in D-Dur KV 314 ist aus Mozarts eigenem Oboenkonzert heraus entstanden. Manche Stellen sind etwas virtuoser geworden, ein paar mehr Noten finden wir in der Flötenversion und die Tonart hat sich geändert. Bestimmt wurde der Komponist von einem befreundeten Flötisten um ein Werk gebeten und hatte gerade keine Gelegenheit, etwas völlig Neues zu komponieren.
Außerdem gibt es noch das erstaunliche Andante in C-Dur KV 315, von dem die Musikwissenschaftler glauben, dass Mozart es als deutlich leichteren Austausch- Mittelsatz für das G-Dur-Konzert geschrieben hat.
Und dann eben dieses schöne Konzert in G-Dur KV 313.
Mozart hat es vermutlich im Sommer 1777 in Salzburg komponiert. Der erste Satz beginnt mit jenem fanfarenähnlichen Thema, das jeder Flötist im Schlaf spielen kann.
Der zweite Satz mit der ausladenden Tempobezeichnung Adagio man non troppo lässt viele Studenten erst einmal recht ratlos vor dem Notenständer grübeln, denn im Grunde ist der erste Solo-Takt ein unendlicher Auftakt. Und das abschließende Rondo lädt geradezu ein zum ausschweifenden Üben: ein fröhliches Thema, schnell kann man es auswendig, und bis zum Ende des Satzes gibt es viel zu entdecken.
Als junges Mädchen habe ich als Belohnung für einen 1. Preis beim Landeswettbewerb Jugend musiziert von meiner Heimatstadt einen Auftritt mit den Hofer Symphonikern spendiert bekommen. Damals war Gilbert Varga dort Chefdirigent und überredete mich, das Mozart-Konzert in G-Dur zu spielen. Ich hatte den 3. Satz schon im Wettbewerbsprogramm und nun waren noch knapp sechs Monate Zeit, um die beiden anderen Sätze zu studieren. Mein damaliger Lehrer zog alle Register, um mich gut vorzubereiten. V.a. das oben erwähnte Thema des ersten Satzes hat uns lange beschäftigt.
Ich hüpfte den Schulweg im passenden Rhythmus, ich nervte alle Freunde und die Familie mit ständig trommelnden Fingern, ich hatte dauernd einen Disc-Man im Ohr, um die Orchesterbegleitung auswendig zu lernen. Die Partitur lag in meiner Schultasche und sobald Zeit war, holte ich sie heraus, um die Streicherstimmen zu studieren.
In diesen Wochen habe ich kaum etwas anderes geübt und zufälligerweise kam die schon lange vor dem Wettbewerb bestellte neue Flöte gerade zwei oder drei Wochen vor dem Konzert per Spedition an. Endlich hatte ich eine Vollsilberflöte und die wollte ich natürlich unbedingt gleich benützen. Heute bin ich rückblickend verblüfft, dass ich tatsächlich so schnell auf die neue Flöte umgestiegen bin und dass es mir anscheinend keinerlei Schwierigkeiten bereitet hatte, in so kurzer Zeit auf dem neuen Instrument „zuhause“ zu sein. Als vor ein paar Jahren wieder eine neue Flöte in mein Leben trat, fand ich das deutlich schwieriger.
An das Konzert selbst kann ich mich kaum mehr erinnern. Meine Mutter erzählt, dass ich nicht aufgeregt war. Ich erinnere mich nur noch vage an den Hörnerklang von links hinten, denn dort saß ein lieber Freund im Orchester, der mich im Vorfeld mit vielen guten Ratschlägen versorgt hatte. Leider verließ Gilbert Varga Hof kurze Zeit später und immer, wenn ich heute seinen Namen lese, habe ich sofort Mozart im Kopf.
Einige Jahre später, während meines Studiums in München, spielte ich noch einmal Mozarts Flötentraum. Ein befreundeter Kirchenmusiker bat mich, in seiner herrlichen romanisch-gotischen Kirche mit einem kleineren Kammerorchester …
Ich dachte nicht lange nach und sagte zu. Wir hatten diesmal genügend Zeit, um zu proben. In aller Ruhe konnten wir also Artikulationen und Phrasierungen besprechen und an der Intonation feilen.
An dieses Konzert kann ich mich noch sehr gut erinnern – die festliche Orchestereinleitung, der erste Soloeinsatz mit dem berühmten Thema, der wunderschöne zweite Satz, in dem auch im Orchester zwei Flöten besetzt sind, und der dritte beschwingte Rondo-Satz, der diesmal viel schneller ausfiel.
Im ersten Teil des Konzertprogrammes stand Mozarts g-moll-Sinfonie KV 550 auf dem Programm.
Bestimmt glaubt mir jeder, dass sich gleich mehrere Ohrwürmer eingestellt haben für die nächsten Tage und Wochen.
Und dann noch eine kleine Anmerkung am Rande – wo auch immer die 313 auftaucht, ich denke sofort an das Mozart-G-Dur-Konzert. Und Möglichkeiten gibt es da ja viele – Autonummern, andere Werkverzeichnisse, Teile von Postleitzahlen, Rechnungsbeträge (gerne auch mit Komma), Datumsangaben. Das passiert mir so mit keinem anderen Werk. Seltsam…

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Verwendete Literatur:
Adorjan, Andras (Hrsg.) u.a.: Lexikon der Flöte, Laaber 2009
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