Schwäbische Maultaschen

 

von Christian Schaller

Schwaben und Württemberg – Stuttgart – Schwäbische Maultaschen

Gibt es einen Unterschied zwischen Schwaben und Württemberg? Zugegeben, rein geografisch sind diese beiden Regionen weitgehend deckungsgleich. Genau genommen handelt es sich bei Schwaben jedoch mittlerweile nur noch um einen Kulturraum, um historische Konstrukte, die heute nicht mehr der politischen Realität entsprechen, aber kulturell natürlich immer noch überaus wichtig sind. Aus dem frühmittelalterlichen Herzogtum Alemannien, benannt nach dem germanischen Stamm der Alemannen, entwickelte sich im Laufe des Mittelalters das Herzogtum Schwaben, damals noch wesentlich größer als die gleichnamige Kulturregion der Gegenwart.

Im späten Mittelalter verblasste das Herzogtum allmählich, zu zerstritten waren die schwäbischen Adligen und zu verworren die Lage im Heiligen Römischen Reich deutscher Nation. Im Selbstverständnis der Bewohner blieb Schwaben als Identifikationspunkt jedoch bis in die Gegenwart erhalten. Und »das Ländle«, wie es scherzhaft und liebevoll genannt wird, hat einiges zu bieten: endlose Hügel- und Waldlandschaften, idyllische Dörfer und geschichtsträchtige Städtchen. Was Natur und Kultur anbelangt, ist Schwaben ebenso reich beschenkt wie seine süddeutschen Nachbarregionen. Wer einen edlen Tropfen zu schätzen weiß, wird sich in Heilbronn, der »Stadt des Weines«, wie zuhause fühlen. Unter Studierenden ist das altehrwürdige Tübingen mit seiner pittoresken Altstadt eine wichtige Anlaufstelle, immerhin zählt sie zu den ältesten deutschen Universitätsstädten.

Und wie könnte man den obersten Donauhafen, die Stadt Ulm, vergessen: Hier lässt sich nicht nur der höchste Kirchturm der Welt mit seinen stolzen 161,53 Metern bestaunen, hier befindet sich mit dem Ring der ehemaligen Bundesfestung auch eine der größten Festungsanlagen Europas. Gleichzeitig liegt Ulm direkt an der Grenze zwischen Baden-Württemberg und Bayern. Im 19. Jahrhundert bescherte die geografische Lage der Stadt auch eine ungeheure militärische Bedeutung: Sie lag nämlich auf halbem Weg zwischen Paris und Wien.

Schwäbische Maultaschen; © bernjuer

Der Deutsche Bund beschloss darum den Bau einer riesigen Festung. Diese Bundesfestung zog sich mit ihren Mauern und Bastionen eiförmig um die Städte Ulm und Neu-Ulm, nur unterbrochen von dem mächtigen Strom der Donau. Die Überreste gelten bis heute als größte erhaltene Festungsanlage Europas.

Doch das eigentliche Herz der schwäbischen Region haben wir bislang noch ausgelassen.

Stuttgart ist die Landeshauptstadt von Baden-Württemberg und bringt alles mit sich, was man von einer solchen Metropole erwartet: Mit über 630.000 Einwohnern ist es der größte urbane Raum des Bundeslandes und zugleich einer der größten Ballungsräume Deutschlands. Es ist das politische, wirtschaftliche und kulturelle Zentrum Schwabens. Dabei waren die Anfänge so klein: Der Name der Stadt bedeutete ursprünglich Stutengarten, die Siedlung war also wahrscheinlich ein einfaches Gestüt, gegründet im 10. Jahrhundert, das an ein älteres Dorf in der Gegend anschloss. Bereits um 1220 erfolgte die Erhebung zur Stadt und 1495 wurde Stuttgart dann zur Residenz des Herzogtums Württemberg. Der Aufstieg war perfekt, als das Land dann im Zuge der Napoleonischen Kriege im Jahr 1806 zum Königreich Württemberg wurde – ganz ähnlich wie der Nachbar Bayern. Die bis dahin eher konservative Kleinstadt wurde rasch zu einer gemischtkonfessionellen und multikulturellen Metropole.

Einige Weinberge, vor allem aber Täler wie das Neckartal prägen die direkte Umgebung und das Stadtbild von Stuttgart. Was macht man aber, wenn einen nun in Stuttgart der Hunger befällt? Die Antwort fällt leicht, immerhin befinden wir uns hier im Herzen Schwabens. Und so fällt die Wahl meist automatisch auf ein traditionelles Gericht der süddeutschen Küche: die Maultaschen.

Rezept für Schwäbische Maultaschen für 4 Personen (Grundrezept ohne Beilage)

Für den Teig:

500 g Mehl
100 g Grieß
3 Eier
150 ml Wasser
1 TL Salz

Für die Füllung und die restliche Zubereitung:

1 Zwiebel
1 rote Paprika
150 g Champignons
2 EL Butter
250 g gemischtes Hackfleisch
100 ml Sahne
1 Eiweiß
125 g Blattspinat
Paniermehl oder Semmelbrösel zum Binden
Salz, Pfeffer, Muskat, Cayennepfeffer
1-2 Eigelb
Brühe (am besten aus Gemüse) oder Salzwasser zum Garen

 

Das Mehl mit Grieß, Eiern, Wasser und Salz zu einem glatten Teig verkneten, auf einer bemehlten Arbeitsfläche dünn ausrollen und Quadratformen ausschneiden.

Die Zwiebel und die Paprika sehr fein würfeln. Die Champignons in Scheiben schneiden. Dann Butter in einer Pfanne erhitzen, die Zwiebel und Paprika glasig schwitzen, zuletzt die Pilze kurz mitschwitzen lassen. Gemüse in eine Schüssel geben.

Dann das Hackfleisch mit der Sahne, dem Eiweiß und dem kleingeschnittenen Blattspinat anbraten und mit Paniermehl oder Semmelbröseln binden. Das Gemüse dazu geben und mit Salz, Pfeffer, Muskat und Cayennepfeffer würzen.

Die gut vermischte Masse dann gleichmäßig auf den Teigtaschen verteilen. Das Eigelb mit etwas Wasser verrühren und die Teigränder damit bestreichen. Die Quadrate dann zusammenklappen und die Ränder gut andrücken.

Brühe oder Salzwasser in einem Topf zum Kochen bringen. Maultaschen dann einlegen und bei mittlerer Hitze für etwa 10 bis 15 Minuten ziehen lassen. Danach entnehmen und abtropfen lassen.

 

Als Beilage eignen sich vor allem Blattsalate oder Kartoffeln. Im Herbst und Winter gibt es auch Eintopf oder Suppen dazu, meistens pürierte Gemüsesuppen. Klassischerweise reicht man auch einen Kartoffelsalat, aber auch Bratkartoffeln oder – typisch schwäbisch – Spätzle. Es ist auch möglich, die Maultaschen noch in eine Auflaufform zu geben und mit Sahne und Käse zu überbacken. Aber auch ohne Beilagen oder nur mit einer Sauce oder einem Dip überzeugen die Maultaschen.

Kulturgeschichten der Süddeutschen Küche – das neue Buch des Historikers und Autors Christian Schaller entführt sie in die kulinarische Welt Süddeutschlands.

 

Verwendete Literatur

Kochbücher und Fachbücher über Esskultur und Kulinarik:

  • Adalbert-Raps-Stiftung (Hg.): Die junge bayerische Küche. Von Tradition und neuen Einflüssen. Odenthal 2021.
  • Albala, Ken: Food in early modern Europe. Westport 2003.
  • Ars Vivendi (Hg.): Gesse wird deheim: Das Kochbuch badischer Landfrauen. Spangenberg 2013.
  • Berschti, Hannes, Reckewitz, Marcus: Von Absinth bis Zabaione. Berlin 2002
  • Etzelsdorfer, Hannes (Hg.): Küchenkunst und Tafelkultur. Culinaria von der Antike bis zur Gegenwart. Wien 2006.
  • Hirschfelder, Gunther: Europäische Esskultur. Eine Geschichte der Ernährung von der Steinzeit bis heute. Frankfurt 2001.
  • Mangold, Matthias: Die Schwäbische Küche – Regionale Spezialitäten. Stuttgart 2011.
  • Neumüller, Franziska: Bayerische Schmankerl – 303 Rezepte von klassischen Schmankerln bis zur neuen bayerischen Küche inkl. regionaler Spezialitäten!. Wien 2021.
  • Ott, Christine: Identität geht durch den Magen. Mythen der Esskultur. Frankfurt 2017.
  • Peter, Peter: Kulturgeschichte der deutschen Küche. München 2008.
  • Peter, Peter: Kulturgeschichte der österreichischen Küche. München 2013.
  • Prato, Katharina: Die Süddeutsche Küche. Innsbruck 1897.

 

Historische Fachliteratur:

  • Begleitband zur Ausstellung des Landes Baden-Württemberg im Kunstgebäude Stuttgart, 1. Oktober 2005 bis 8. Januar 2006 ; [Große Landesausstellung Baden-Württemberg 2005 …]. Esslingen am Neckar 2005.
  • Czysz, Wolfgang / Dietz, Karlheinz / Fischer, Thomas: Die Römer in Bayern. Hamburg 2005.
  • Diefenbacher, Michael: Nürnberg: Kleine Stadtgeschichte. Regensburg 2017.
  • Dotterweich, Volker (Hg.): Geschichte der Stadt Kempten. Kempten 1989.
  • Freier, Peter / Ute, Freier: Baden-Württemberg: 60 Ausflüge in die Geschichte. Stuttgart 2013.
  • Freitag, Matthias: Kleine Regensburger Stadtgeschichte. Regensburg 2007.
  • Gottlieb, Gunther (Hg.): Geschichte der Stadt Augsburg von der Römerzeit bis zur Gegenwart. Stuttgart 1984.
  • Heydenreuter, Reinhard: Kleine Münchner Stadtgeschichte. Regensburg 2007.
  • Hubenstetter, Benno: Bayerische Geschichte. Staat und Volk, Kunst und Kultur. Rosenheim 2013.
  • Kirn, Daniel: Stuttgart. Eine kleine Stadtgeschichte. Erfurt 2007.
  • Kunth Verlag (Hg.): Das Bayern Buch: Highlights eines faszinierenden Landes. München 2016.
  • Patzer, Georg: Kleine Geschichte der Stadt Karlsruhe. Karlsruhe 2014.
  • Schmidt, Richard: Deutsche Reichsstädte. München 1957.
  • Susanne, Schmid (Hg.): Imperium Romanum – Roms Provinzen an Neckar, Rhein und Donau
  • Weber, Reinhold / Wehling, Hans-Georg (Hg.): Geschichte Baden-Württembergs. München 2007.
  • Zang, Gert: Kleine Geschichte der Stadt Konstanz. Karlsruhe 2010

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