Thomas Gainsborough

 

von Georg Rode

Thomas Gainsborough war ein englischer Maler, der von 1727 bis 1788 lebte. Während das Rokoko, als verspielte Stilrichtung im Anschluss an den Barock, auf dem europäischen Festland zahlreiche, bisweilen sinnliche, Blüten trieb, gilt Gainsborough als der einzige englische Vertreter dieses Stils.

Thomas Gainsborough Cornard Wood, near Sudbury, Suffolk 1748 Oil on canvas, 122 x 155 cm Bought (Lewis Fund), 1875 NG925 https://www.nationalgallery.org.uk/paintings/NG925

Er liebte es, Landschaften zu malen, was er nie ganz aufgab, obwohl er feststellen musste, dass damit kein Geld zu verdienen war. Gut bezahlt waren repräsentative Portraits betuchter Auftraggeber und so erweiterte Gainsborough sein Repertoire. Hier konkurrierte er mit dem einerseits im Vergleich ähnlichen, aber zugleich auch sehr unterschiedlichen Joshua Reinolds. Während dieser einen etwas strengeren Stil, den er selber akademisch nannte, vertrat, richtete sich Gainsborough an ein Publikum, das sich von einem Bild ohne große Vorkenntnisse intuitiv ansprechen ließ. Als eines der Beispiele gilt hier u.a. Der Junge mit Katze 1787. Mit diesen Bildern zeigte er, dass er nicht nur für Auftraggeber aus der Oberschicht malte, sondern auch der einfachen Bevölkerung weiterhin seine Referenz erwies.

A Boy with a Cat—Morning, Thomas Gainsborough, 1787; CC0 The Met; Link zum Bild

Beide Künstler brachten es auf ihre Weise zu großer Anerkennung. Während es üblich war, die Auftraggeber mit aller Kunst sorgfältig zu präsentieren, wurden die Hintergründe als nicht so wichtig erachtet. Sie wurden oft von Gehilfen oder Lehrlingen ausgeführt. Nicht jedoch bei Gainsborough, der hier seine eigentliche Leidenschaft, die Landschaftsmalerei auslebte. Die Naturdarstellungen wurden in dieser Zeit grundsätzlich im Atelier gemalt. Das war auch bei Gainsborough nicht anders, allerdings holte er sich viele Utensilien, Äste, Blätter, Gräser, Steine usw. ins Atelier, setzte sie sogar bisweilen zu kleinen Landschaften als Vorlage zusammen. Ihm lag es an einer naturnahen Darstellung.

Das Bild „Der Morgenspaziergang“ wird allen Anforderungen gerecht. Ein selbstbewusstes Paar, in eleganter Kleidung, bei der besonders das Kleid der Frau mit genauester Detailtreue bearbeitet wurde. Die Schuhe sind selbstverständlich auch auf dem Waldboden tadellos sauber. Bei den Pflanzen gibt Gainsborough sein Bestes, detailliert im Vordergrund, sind sie weiter hinten im Stil des Rokoko mit wenigen Konturen schwungvoll gesetzt. Die nach hinten undeutlicher werdenden Details entsprechen dem durch die Luftperspektive fast nebelig erscheinenden Hintergrund. Abgerundet wird alles durch ein lebhaftes Wolkenbild, ebenfalls in perspektivischer Gesetzmäßigkeit, vorne dunkler, hinten heller.

Thomas Gainsborough, Der Morgenspaziergang, 1785, National Gallery, London; CC BY-NC-ND 4.0; Link zum Bild 

Eines seiner bekanntesten Bilder ist das Portrait von Mr. and Mrs Andrews. Ins Auge stechen die zwei getrennten Schwerpunkte mit den beiden Personen auf der linken und einer ausgedehnten Landschaftsdarstellung auf der rechten Bildhälfte. Hier lebte Gainsborough nicht nur seine Leidenschaft für Landschaften aus, sondern entsprach auch dem Wunsch des Auftraggebers, seinen Reichtum durch den Besitz großer Flächen, die auf moderne Weise für die Landwirtschaft genutzt werden, zu demonstrieren. Die heute üblichen geraden Furchen des Getreides lassen auf modernes Gerät schließen, denn sie waren zu jener Zeit eher eine Seltenheit. Im Hintergrund sieht man Schafe in einer Umzäunung. Dies ist ebenfalls ein Hinweis auf moderne Neuerungen.

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Das Gemeindeland, das vorher der ärmeren Bevölkerung zur Verfügung stand, wurde eingezäunt und so wurde diesen Menschen eine wichtige Lebensgrundlage entzogen. Sie wanderten dann in die Städte ab und fanden nur billig entlohnte Arbeit in der aufkeimenden Industrie. Die Landschaft entspricht übrigens genau der Realität, selbst der Baum konnte später lokalisiert werden. Nicht nur Gainsborough war das wichtig, denn er war ohnehin an der genauen Darstellung von Landschaften interessiert, sondern auch dem stolzen Besitzer.

Thomas Gainsborough Mr and Mrs Andrews about 1750 Oil on canvas, 69.8 x 119.4 cm Bought with contributions from The Pilgrim Trust, the Art Fund, Associated Television Ltd, and Mr and Mrs W. W. Spooner, 1960 NG6301 https://www.nationalgallery.org.uk/paintings/NG6301

Die Frau sitzt auf einer Rokoko-Bank, wieder mit sorgfältig wiedergegebener, offensichtlich wertvoller Kleidung. Auch der Mann ist durchaus repräsentativ gekleidet. Die Figuren wirken etwas statisch, was daran liegen kann, dass häufig Puppen als Vorlagen für Figurdarstellungen genommen wurden. Was die Frau in den Händen hält, bleibt uns verborgen, dieser Teil des Bildes ist nicht ausgeführt. Laut Kommentar der National Gallery, sollte wohl später ein Baby in die Hände der späteren Mutter gelegt werden.

Es ist jedoch anzunehmen, dass das junge Paar auch ohne dieses Detail mit der Darstellung sehr zufrieden war. Immerhin war Gainsborough ein begehrter Portraitmaler, der auch Mitglied des Königshausen malte. Die Personen und die Landschaft repräsentieren Reichtum und Stolz auf einen großen vorzeigbaren Landbesitz.

Fußt Gainsboroughs Kunst auf der niederländischen Malerei, wird sein Spätwerk als Ankündigung des späteren Impressionismus gesehen. „In seinen Landschaften wies Gainsborough am weitesten in die Zukunft. Seine Gemälde und seine Aquarelle mit ihrer flüssigen Gestaltung und den Lichteffekten wiesen den Weg für die große Landschaftsmalerei des 19. Jahrhunderts. Seine Spätwerke lassen sich deshalb heute als Vorläufer des Impressionismus interpretieren.“ [1]

Die Welt ist die gleiche geblieben, wird aber in der Kunst neu gesehen. Allerdings kommt auch die Realität mit neuen Erkenntnissen zu Veränderungen, Kunst und Wirklichkeit bedingen sich gegenseitig. Die drei Stilentwicklungen von Gainsborough sind ein anschauliches Bespiel. Ausgehend von seinen Vorbildern im Niederländer Barock, durchläuft er seine Gegenwart mit den Erfordernissen der Portraitmalerei, kombiniert mit seinen individuellen Landschaftsdarstellungen, die ihrerseits bereits einen ersten Ausblick auf den Impressionismus gewähren.

Die Kunst gestaltet, meiner Meinung nach, das gewohnte Bild der Welt neu, so dass diese auch allgemein neu gesehen wird, sofern man sich auf das Neue einlässt. Sie folgt dem Fortschritt, nimmt ihn aber oft bereits voraus, wie hier bei Gainsborough und später bei Constable und bei Turner. Die Kunst ist ein Experimentierfeld für Fortschritt, was vielleicht in der Literatur noch deutlicher wird.

Der Originalartikel stammt vom wunderbaren Kunstblog „MonsieurQuirit“ von Georg Rode: MonsieurQuirit

Quellenangabe

1 … http://www.onlinekunst.de/mai/14_05_Schweinehirtin.htm

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